Das Summercamp in Varadarajanpet!

Da nun gerade die großen Schulferien hier in Tamil Nadu angebrochen sind, waren Felix und ich nahezu beschäftigungsfrei. Keine Grundschule morgens und auch kein „Evening Study Center“ am Abend. Wie unsere Vorgängerinnen Stefanie und Leonie es uns vorgemacht haben, wollten auch wir die Zeit nicht ungenutzt lassen und sind in ein anderes Projekt der Salesianer Don Boscos gereist. Nämlich nach Varadarajanpet, oder kurz: Vpet. Es ist zugleich der Heimatort unseres Direktors Father Amaladoss und mit dem Bus ca. 7 Stunden von Keela Eral entfernt. Wie im vorigen Blogbeitrag kurz geschildert, unterstützen Felix und ich die Brothers hier bei der Durchführung eines „Spoken English Course“. Der Kurs ist ein Angebot für die Kinder aus der Region in den Schulferien ihr Englisch zu verbessern. Dieses Jahr sind ca. 45 Kinder diesem Angebot gefolgt. Die jüngsten Schüler sind ca. 9 und die älteste Schülerin besucht bereits die 11. Klasse. Ein relativ großer Altersunterschied also. Die Hauptorganisation des Kurses obliegt Brother Sebastian, der – genau wie wir – nur für die Zeit des „Summer Camps“ hier in Varadarajanpet stationiert ist. Brother Anand und Brother Rivin unterstützen ihn hierbei. Der Kurs ist Ende April gestartet und dauert vier Wochen. Von morgens 9 Uhr bis nachmittags 16 Uhr gibt es ein ausgewogenes Programm für die Kinder.

Der Tag beginnt mit der „Assembly“ (Morgenversammlung). Diese startet immer mit einem Lied: „Rejoice in the Lord always and again I say rejoice!“ Danach folgen ein Gebet, die Nachrichten vom Vortag und eine Lesung aus der Bibel, alles vorgetragen von den Kindern. Anschließend gibt einer der verantwortlichen Lehrer einen „Good Morning Talk“. Das ist meistens eine kleine Geschichte mit einer Botschaft für die Kinder. Auch Felix und ich durften jeweils einmal ran. Danach beginnt schließlich der Unterricht.

Da aufgrund der verhältnismäßig geringen Anzahl an Kindern alle gemeinsam unterrichtet werden, sind wir nicht komplett ausgelastet. So unterrichten Felix und ich morgens von 10:15 Uhr bis 11:15 Uhr und verbringen die Pausen mit den Kids. Der Name unseres Unterrichtsblocks ist „Communicative English“. Sprich es geht um das Herausarbeiten und Lernen von alltagstauglichen Sätzen und Phrasen. Wir probieren die Kinder zum Englisch reden zu bringen, was manchmal mehr und manchmal weniger klappt. In der letzten Unterrichtseinheit beispielsweise sollte jeder Schüler nach einer längeren Vorbereitungszeit eine Minute frei über einen beliebigen Gegenstand referieren. Leider waren nur wenige in der Lage ohne Heft die vollen 60 Sekunden durchzusprechen. Allerdings haben die Brothers dafür gesorgt, dass jeder Schüler mindestens 10 Sätze pro Tag auf Englisch aufsagen muss. So hat jeder ein kleines Blatt Papier, auf dem man pro Tag 10 Unterschriften von einem der Lehrer (Freiwillige und Brothers) ergattern muss, indem man einen korrekten englischen Satz bildet.

Die Gruppe ist in vier gleich große Teams aufgeteilt. Team Savio, Team Rua, Team Bosco und Team Thomas. Alle diese vier Namen sind Personen, die zu den Salesianern Don Boscos einen Bezug haben. Michael Rua beispielsweise war der erste Nachfolger Don Boscos und damit der zweite „Rector Major“ der Salesianer Don Boscos. Die Teams bekommen durch gute Leistungen im Unterricht Pluspunkte. Jedoch können sich Teammitglieder durch schlechtes Verhalten auch Minuspunkte für ihr Team einhandeln. Ein gutes Mittel, um Ordnung zu schaffen! Um 14:15 Uhr steht dann die zweite richtige Unterrichtseinheit für uns an: „Reading Practice“. Ich übernehme immer Team Bosco. Die Leseübungen bestehen meistens aus zahlreichen „Tongue-Twisters“ (- Zungenbrechern). Teilweise sind diese auch recht schwierig. Außerdem habe ich den jüngsten Teilnehmer in meiner Gruppe, der selbst bei den einfacheren Sachen an seine Grenzen kommt. Auf der anderen Seite habe ich aber auch die Teilnehmerin in meiner Gruppe, die am besten Englisch spricht. Für sie wiederum sind viele zu einfach. Ich verteile dann meistens leistungsgerechte Sätze an jeden einzelnen Schüler. Es ist aber das alte und immer wiederkehrende Problem, das man in Indien immer und immer wieder antrifft. Schon in der Grundschule in Bommaya Puram sind die Unterschiede innerhalb einer Klasse riesig. Wenn dann noch verschiedene Altersklassen zusammenkommen, wird die Lücke noch größer.

Jedenfalls ist die Leseübung nach einer halben Stunde schon wieder vorbei und es geht zur abschließenden Einheit in die Halle. Nachdem die Schüler morgens meistens Grammatik- und Vokabelunterricht bekommen haben, geht es von nun an etwas spielerischer weiter. Felix und ich sind des Öfteren verantwortlich für diese Einheit. So sollten wir einige Male Filmausschnitte heraussuchen, die Alltagssituationen zeigen und mit den Kindern diese durchgehen. An den Samstagen ist immer der sogenannte „English-Day“ und es wird in der Nachmittagseinheit gespielt, nachdem am Morgen noch Examen gewesen sind. Felix und ich brachten letztes Mal „Hangman“ (- Galgenmännchen) und „Activity“ als Spielidee mit in die Einheit ein. Wie an jedem Tag bekommen die Teams für gute Leistungen Punkte verteilt. Am Ende des „Summercamps“ werden alle Punkte zusammengerechnet und es wird einen Gewinner geben. Momentan rangiert Team Bosco ganz vorne.

Auch an anderen Tagen gibt es spezielle Wettbewerbe für die Kinder. So gab es beispielsweise einen Theaterwettbewerb und eine Diskussion. Felix und meine Aufgabe ist es dann, mit den Kindern in den Pausen diese Sachen vorzubereiten. Dafür nutzen wir meistens die Mittagspause von 12:30 Uhr bis 13:30 Uhr. In der Regel haben die Kids meistens selbst gute Ideen und wir korrigieren hauptsächlich ihre englische Ausdrucksweise. Oft ist es jedoch schwer alle Kids in den Pausen zusammenzutrommeln, da die meisten am Cricketspielen sind. Verständlicherweise! Schließlich müssen die Kids während den Ferien schon Unterricht haben und dann sollen sie auch noch die Pausen zum Üben nutzen. Naja, meistens klappt es doch irgendwie und das Ergebnis ist ganz akzeptabel.

Freizeitbeschäftigung

Auf dem Gelände des Projekts befinden sich viele Möglichkeiten, um Sport zu treiben. Zwei große Fußballplätze, zwei Basketballplätze und auch ein Volleyballfeld. Während der Schulzeit wird dieses Gelände meistens von den Schülern aus der „Higher Secondary“-Schule der Salesianer und von den mehr als 300 Jungs aus den beiden Hostels im Projekt genutzt. Abends treffen sich die Jugendlichen aus dem Dorf dort, um gemeinsam Fußball zu spielen. Felix und ich waren hellauf begeistert, fehlt es in Keela Eral doch meistens an genügend motivierten Jungs, um ein konstruktives Spiel zu starten. Außerdem haben die Jungs hier in Varadarajanpet ein echt gutes Niveau. Allgemein leiden wir und unsere Fußballkünste unter den cricketverrückten Jungs hier in Tamil Nadu. Problem war nur, dass wir unsere Fußballschuhe bewusst in Keela Eral gelassen haben, weil wir uns dachten, dass wir sie hier nicht brauchen werden. So spielten wir die ersten Tage barfuß mit, merkten aber schnell, dass unsere Füße für Kicken auf dem sandigen Boden einfach nicht gemacht sind. Ein verstauchter Zeh, offene Wunden an den Füßen oder dicke, große Blasen waren die Folge. Beim Basketballspielen war es ähnlich. Zwar nutzt man hierbei die Füße nur zum Laufen, aber dennoch leiden die Füße unter den schnellen Bewegungen auf dem heißen Asphalt. Doch dann kam uns eine rettende Idee: Wir riefen Brother Prabhu in Keela Eral an und sagten ihm, er soll doch einem Jungen, der in Varadarajanpet wohnt, sich aber momentan im Hostel in Keela Eral befindet, unsere Schuhe mitgeben, wenn er das nächste Mal nach Hause fährt. Gesagt, getan. Als wir dann nach wenigen Tagen, uns über den Stand der Dinge informierten, erklärte uns der Junge, dass ihm die Schuhe im Bus geklaut wurden. Dumm gelaufen, da wir 1. nicht mit den talentierten Jungs hier kicken können und 2. uns neue Schuhe für die restlichen drei Monate kaufen müssen.

Ein fader Beigeschmack des Summer Camps, mehr aber auch nicht …