Nachdem ich in einem vorigen Blogeintrag über die Grundschule bereits angekündigt habe, dass ein separater Post über unsere alltägliche Arbeit als Lehrer noch folgen wird, nehme ich meine Leser für einen Tag mit in unsere Grundschule in Bommaya Puram.

Der Weg zur Grundschule

Direkt im Anschluss an unser Frühstück machen wir uns schon auf zur Bushaltestelle in Keela Eral. Auf dem Weg am Highway entlang treffen wir immer noch einige Collegestudenten und Lehrer, die in die entgegengesetzte Richtung zum „DonBosco-College“ laufen. Gegen 9:10 Uhr kommt dann in der Regel der Bus, der uns nach Bommaya Puram bringen soll. Meistens ist er braun und somit leicht zu erkennen für uns. Falls er doch die gleiche grüne Farbe hat wie alle anderen Busse, machen uns unsere Busbekanntschaften darauf aufmerksam. Es warten nämlich jeden Tag die gleichen Leute auf diesen Bus. Auch den Busconductor, der das Geld für die Tickets einsammelt, kennen wir bereits gut. Für zwei Fahrten in das kleine Dorf bekommt er 16 Rupien! Im Gegenzug erhalten wir unsere rosafarbenen Tickets.

Unterrichtseinheit Nummer 1

Nach einer halben Stunde Busfahrt kommen wir dann endlich bei der Grundschule an, die sich direkt neben der Bushaltestelle befindet. Unser erster Gang geht Richtung „Sir“ (so rufen Schüler und Fathers den hauptverantwortlichen Lehrer der Schule). Heute sollen wir die fünfte und die zweite Klasse unterrichten. Pro Tag gibt es zwei Unterrichtseinheiten für Felix und mich. Vor der Pause wird mit den ältesten Schülern der Schule, den Fünftklässlern, für das anstehende Englischexamen wiederholt. Zu Beginn jedoch singen wir die obligatorischen Actionsongs, damit sich die Kids vor dem Unterricht noch etwas bewegen können. So hört man dann: „Put your right hand in, put your right hand out, put your right hand in and shake it all about! Do the Boogie-Woogie and turn yourself around, that’s what it’s all about!” oder auch mal ganz klassisch „Head, shoulders, knees and toes, knees and toes! Head, shoulders, knees and toes, knees and toes! And eyes and ears and mouth and nose! Head, shoulders, knees and toes, knees and toes!” Anschließend setzen wir uns in einen Kreis und gehen nochmals alle Obst- und Gemüsesorten durch, die sie in vergangenen Tagen und Wochen gelernt haben. Wir stellen fest, dass sie fast alle Sorten mündlich draufhaben. Wir sind gespannt, ob das bei einer schriftlichen Aufgabe genauso aussieht. Wir heben die von uns selbst gemalten Schilder mit den Obstsorten einzeln hoch und die Kids schreiben den Namen des Obsts mit Kreide auf ihr kleines Täfelchen. Danach ist das Gemüse dran. Hier aber nur die leichteren Sorten, da sie sich mit Begriffen wie „cucumber“ (Gurke), „pumpkin“ (Kürbis) oder „cauliflower“ (Blumenkohl) noch schwerer tun. Beim Kontrollieren fällt sofort auf: Die Leistungsspanne ist riesig. Während bei den besten Schülerinnen nur einige wenige Rechtschreibfehler zu entdecken sind, sieht es bei einigen eher recht bescheiden aus. Um genau zu sein sind nur „apple“ und „orange“ richtig. Damit diese Fehler in Zukunft vermieden werden können, legen wir beim anschließenden Spiel noch mehr Wert auf das Buchstabieren der Wörter. Die Schüler setzen sich in zwei Reihen hintereinander. Felix dreht das erste Bild mit der Kartoffel um und die vorne sitzenden Schüler schreien „potato“. Der rechts war wohl ein bisschen schneller und hat jetzt die Chance mit dem korrekten Buchstabieren des Wortes einen Extrapunkt für sein Team zu gewinnen. „P-O-T-O- …“. Falsch! Die Wettbewerberin aus dem anderen Team hat nun die Chance: „P-O-T-A-T-O“. Richtig! Jeweils ein Punkt. So und so ähnlich geht das dann bis zur Pause um 11 Uhr weiter.

Das sieht doch schonmal ganz gut aus!

Das sieht doch schonmal ganz gut aus!

11 Uhr – Pause!!!

Diese wird durch einen Schlag auf den Gong eingeläutet. Gleich rennen alle Kids auf den Pausenhof! Zuerst bieten dir zahlreiche Schüler Kekse ihres Pausensnacks an und dann heißt es entweder Fangenspielen oder im Kreis „January, February, …“ spielen. Das letztere Spiel ist bei allen Kindern sehr beliebt. Es setzen sich alle im Schneidersitz in einen Kreis. Dann wird bei „January“ beginnend jeder einzelne Monat per Schlag auf die Hand des Sitznachbars weitergegeben. Ist man bei Dezember angelangt muss der Nachbar schnell die Hand wegziehen, bevor bereits eingeschlagen wurde. Schafft er dies nicht, fliegt er aus dem Kreis. Schafft er es doch, so muss der „schlagende“ Schüler nach drei Versuchen aus dem Sitzkreis heraus. Stundenlang könnte man sie mit diesem simplen Spielchen beschäftigen.

Unterrichtseinheit Nummer 2

Als die Pause nach einer viertel Stunde wieder ausgeläutet wird, sind die Zweitklässler dran. Wir benutzen die gleichen Unterrichtsmaterialien wie zuvor, nur mit dem Unterschied, dass unser Anspruch und die Arbeitsaufgaben sich natürlich dem Niveau der jüngeren Schüler anpassen. Auch hier heißt es zum Einstimmen erst einmal „Actionsongs“! Der Lieblingsactionsong unserer jungen Schüler ist der „Banana-Action-Song“: „Peel banana, peel, peel banana. Slice banana, slice, slice banana! Mash banana, mash, mash banana! Eat banana, eat, eat banana! Dance banana, dance, dance banana!” Dazu gibt es natürlich die passenden Bewegungen. Danach werden noch kurz die Obstsorten wiederholt, bevor dann das Gemüse zum ersten Mal dran ist. Schnell merken wir, dass bei den Gemüsearten noch weniger Grundlagenwissen vorhanden ist als beim Obst. Nach Kartoffel und Tomate hört es auf! Da liegt ja noch ein ganz schön großes Stück Arbeit vor uns! Zuerst wird für jedes Gemüse sowohl der englische als auch der tamilische Begriff geklärt. Ist das geschehen, heißt es aufschreiben! Wir legen die Gemüsesorten zu den dazugehörigen Wörtern. Nach der Überschrift „Vegetables“ sollen die Schüler links das englische Wort und rechts das tamilische aufschreiben. Da die 2. Klässler aber meistens selbst nicht einmal die tamilischen Namen der Gemüsesorten können, wird es richtig kompliziert. Gott sei Dank haben wir das „English-Tamil-Dictionary“ mit dabei, welches uns Father George gegeben hat. Wir holen uns noch ein Heft von den Fünftklässlern, die diese Liste schon vor zwei Wochen niedergeschrieben haben. So können wir einerseits die Richtigkeit der tamilischen Wörter überprüfen und die Schüler haben eine weitere Möglichkeit die Begriffe nachzuschlagen. Allerdings wird sich immer regelrecht um das „Dictionary“ und das Heft geprügelt, sodass am besten immer einer von uns das Abschreiben der tamilischen Wörter direkt begleitet. Auch hier in der 2. Klasse sind die Unterschiede zwischen den Schülern riesig. Während ein Mädchen nach 10 Minuten fertig ist, haben andere gerade mal die Überschrift zu Papier gebracht. Dann kommen auch schon die ersten Schüler zu dir, um ihren Heftaufschrieb korrigieren zu lassen. Meistens findet man doch irgendwo noch einen Fehler, selbst bei den besten Schülern. Wenn die Fehler dann berichtigt wurden, gibt es einen großen Haken über den Aufschrieb und eine Unterschrift mit Datum. Darauf legen unsere Schüler einen großen Wert!

 

Nach einer Weile haben es dann endlich alle geschafft, den Aufschrieb zu Ende zu bringen. Bei den einen sehr schön und leserlich, bei den anderen mit einer ordentlichen Sauklaue! Nun ist es auch schon 11:45 Uhr. Noch eine viertel Stunde bleibt uns, die Schüler mit dem Obstratespiel zu belohnen. Diesmal natürlich ohne Buchstabieren! Um kurz vor 12 kommt dann auch die Lehrerin oder die Köchin, um uns zu informieren, dass wir gleich essen müssen. Wie jedes Mal machen wir noch zwei Minuten weiter und schicken dann die Schüler wieder in die Kirche zum „normalen“ Unterricht.

Obstratespiel mit den Kids!

Obstratespiel mit den Kids!

Lunchtime!

Dann gibt es Essen! Ob man es glaubt oder nicht: Ich esse lieber in der Grundschule zu Mittag als im Projekt. Auch wenn die Sitzsituation auf dem Boden weniger komfortabel als im Projekt ist, so schmeckt uns beiden das Essen hier besser. Mittags gibt es in Keela Eral sowieso immer Reis mit Sambar und Gemüse, was auf Dauer etwas eintönig ist. Hier gibt es oft „Lemon Rice“, „Vegetable Rice“, „Tomato Rice“ oder ähnliches. Außerdem bekomme ich immer noch ein Omelett dazu! Tasty!

"Vegetable Rice" mit Omelett!

„Vegetable Rice“ mit Omelett!

The way back!

Leider fährt mittags um diese Zeit kein Bus das kleine Dorf an. Also steigen wir um Punkt 12:15 Uhr zu dritt auf das Motorrad vom „Sir“. Wir fahren knappe 10 Minuten in das nächste Dorf und setzen uns dort in einen kleinen Shop, in dem wir den Ladenbesitzer inzwischen auch bestens kennen. Wir gönnen uns einen kleinen „Cooldrink“ (200ml Zitronenlimonade) und warten dann auf den Bus. Wir haben Glück! Um 12:35 Uhr fährt der Bus im Dorf Sivagnapuram ein. Es ist die Endstation der vorigen Fahrt. Es dauert weitere drei Minuten bis der Bus gewendet hat und wir einsteigen können. An schlechten Tagen warten wir auch mal bis knapp 13 Uhr auf den Bus oder er kommt gar nicht. Dann holt uns ein Angestellter aus dem Projekt mit dem Motorrad ab. Gegen 13:10 Uhr sind wir wieder im Projekt. Zuerst geht es nochmal in die „Dining Hall“, um noch ein bisschen Obst zu snacken. Bananen sind immer vorrätig. Momentan gibt es auch jeden Tag Wassermelone. Eine willkommene Erfrischung nach einem doch recht anstrengenden Morgen!