Nachdem ich mich nun lange nicht mehr gemeldet habe, kommt hier ein weiterer Blogbeitrag. Nach vielen speziellen Blogs (zu Ausflügen wie nach Thanjavur oder zu anderen Volontärinnen) will ich meine Leser mit diesem Beitrag einfach auf den neusten Stand bringen. Schließlich bin ich seit mehr als drei Monaten hier in Indien und in der Zwischenzeit ist natürlich auch einiges passiert.

Ausflug nach Chennai

Unter anderem haben Felix und ich einen Ausflug nach Chennai unternommen. Die 4-Millionen-Einwohnerstadt ist die Hauptstadt des Bundesstaats Tamil Nadu. Sie liegt gute 10 Zugstunden von meinem Projekt entfernt. Für die Anreise wählten wir eine Nachtfahrt. Eine weise Entscheidung! Denn auf der Rückfahrt, die tagsüber stattfand, wurde einem bewusst, wie langweilig es sein kann, 10 Stunden nur herum zu sitzen und nichts zu tun. Auf der Nachtfahrt konnte man sich wenigstens hinlegen, schlafen und somit die meiste Zeit überbrücken. Aber aus Fehlern lernt man! Hauptgrund für unsere Reise nach Chennai war der Besuch eines Fußballspiels. Die indische Fußballliga HISL besteht nur aus 8 Mannschaften. Dadurch erstreckt sich die Saison nur von September bis Dezember, da jeden Tag ein Spiel stattfindet. Wir schauten uns das Spiel „Chennaiyin FC“ gegen „Northeast United“ an, welches 3:3 ausging. Es war toll, mal wieder im Stadion zu stehen, da ich die regelmäßigen Heimspiele des Sportclubs in Freiburg doch sehr vermisse. Den Rest unseres 3-Tagetrips nutzten wir für Sightseeing. Es ging beispielsweise noch zu einem Hindutempel, einer großen Mall und zum zweitlängsten Sandstrand der Welt, dem „Marina Beach“.

Mein 19. Geburtstag

Ein weiteres tolles Ereignis war mein 19. Geburtstag. Gemeinsam mit Anna und Lydia aus Vilathikulam feierten wir in der Nacht vom 21. auf den 22. November in meinen Geburtstag hinein. Pünktlich zum 22. November kam dann auch ein Paket aus Deutschland von meiner Familie an. Mittags überraschten mich die Jungs beim Fußballspielen mit einer Torte. Wie es hier in Indien die Tradition ist, wird das Geburtstagskind von seinen Freunden „gefüttert“. Leider waren nur ca. 15 Jungs zu dieser Zeit im Hostel, da im November Examinazeit des Colleges war. Die meisten Jungs fahren in dieser Zeit nach Hause und kommen nur für ihre Examina zurück nach Keela Eral. Trotzdem freute ich mich sehr darüber, dass sie daran gedacht hatten. Abends wurde dann mit den Fathers und Brothers gefeiert. Auch die Sisters von nebenan wurden von mir eingeladen. Es gab eine große Auswahl an Essen: Chicken Biryani (Reis mit Hühnchen), Chapati (Teigfladen), Muttongravie (Schafsfleisch mit Kartoffeln und Soße) und allerlei Früchte (Granatapfel, Bananen, Mandarinen, Trauben). Außerdem hatten die Fathers einen auch hierzulande sehr beliebten „Black Forest Cake“, also eine Schwarzwälderkirschtorte, bestellt. Die Torte schmeckt hier zwar deutlich süßer als das Original aus Deutschland und Kirschwasser ist auch nicht drin, aber sie war trotzdem sehr lecker.

Was meine Arbeit so macht

Aufgrund der vielen Ausflüge und Festaktivitäten hier könnte man fast meinen, dass ich ja kaum arbeite. Dies ist aber nicht der Fall. Mitte Dezember haben wir erfolgreich unseren dritten „Spoken English Course“ zu Ende gebracht. Dieser bestand zum ersten Mal nur aus jungen Erwachsenen. Die ersten beiden Kurse bestanden hauptsächlich aus Ordensschwestern. Im zweiten Kurs war auch eine Ordensschwester im fortgeschrittenen Alter dabei. Sie hatte aufgrund ihres Alters Probleme die vielen Vokabeln und neue Grammatiken in ihren Kopf zu bekommen. Oft war sie etwas frustriert. Während die anderen drei Ordensschwestern dann Vokabeln paukten, setzte ich mich zu ihr und wir lasen uns durch verschiedene Zeitungsartikel und feilten an ihrer Aussprache. Beim dritten Kurs hingegen war das Vokabellernen das geringste Problem. Unsere Schüler (drei junge Männer) und unsere Schülerin waren echt auf Zack. Auch wenn manche von ihnen nun schon seit längerer Zeit einen Beruf ausführen und lange nicht mehr richtig gelernt hatten, merkte man schon nach wenigen Tagen, dass sie Fortschritte machten. Außerdem war immer ein starker Ehrgeiz zu spüren. Felix und ich stachelten diesen noch etwas an, indem wir einen Vokabelwettbewerb veranstalteten. Auch auf persönlicher Ebene kamen wir unseren Schülern und unserer Schülerin näher als in den zwei Kursen zuvor, was schlichtweg an dem geringeren Altersunterschied lag. Wir redeten viel über indische Politik und andere interessante Themen. Über ersteres kann man hier echt stundenlang diskutieren, da die Politik in Indien auch reichlich Stoff dafür bietet. Doch dazu später mehr.

Die jungen Erwachsenen des dritten Kurses hatten am Ende des Monats wohl auch ein höheres Englischniveau als es die beiden vorigen Kurse hatten. Darüber waren wir uns mit Father George einig. Ich habe die vier sehr in mein Herz geschlossen und war etwas wehmütig als sie uns letzte Woche wieder verlassen haben. Der nächste „Spoken English Course“ fängt erst wieder im Januar an, da Father George als Gemeindepfarrer gerade jetzt in der Weihnachtszeit außerordentlich viel zu tun hat.

Da Felix und ich nun deswegen anderthalb Wochen vormittags kein Programm gehabt hätten, fragten wir nach weiteren Aufgaben, welche wir auch prompt bekamen. Zum einen wurde uns die Aufgabe erteilt, ein kleines Booklet für den „Spoken English Course“ zu erstellen. Zur Gestaltung des Hefts stehen uns andere Übungshefte zu Verfügung. Doch wir werden auch selbst kreativ und integrieren eigene Ideen und Aufgaben.

Neben dieser computerlastigen Arbeit haben wir eine zusätzliche kommunikative Aufgabe bekommen. So gehen wir nun in eine naheliegende Grundschule zum Unterrichten der dortigen Schüler. Wir fahren mit dem lokalen Bus ca. 40 Minuten in das Dorf Bommaya Puram, was aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse schon sehr aufregend ist. In Bommaya Puram angekommen, unterrichten wir die Kinder in Englisch. Das kann heißen, dass wir englische „Actionsongs“ singen und aufschreiben oder englische Klatschspielchen spielen. Gerade das Schreiben und Lesen von englischen Texten sollte man nicht unterschätzen, da die Kinder eine völlig neue Schrift kennen lernen. Es ist uns ein Anliegen öfters herzukommen, da auch ein Teil unserer Spenden dort investiert wird. So befindet sich das Schulgebäude in einem maroden Zustand. Wenn es regnet, darf sich niemand mehr innerhalb des Gemäuers aufhalten, da Einsturzgefahr besteht. Im kommenden Jahr wollen die Salesianer den Bau eines neuen Gebäudes starten. Zu unserer Arbeit in Bommaya Puram wird es bald einen eigenen Blogeintrag geben, indem ich auch konkret auf die Verwendung der Spenden eingehen werde.

Weihnachtsfeier mit den Kids

Einen kleinen Teil der Spenden haben wir bereits in eine Mahlzeit für 250 Kinder investiert. Hier in der Umgebung von Keela Eral hat jede kleine Gemeinde einen eigenen „Evening Study Center“. Das heißt, dass sich die Kinder aus einem Dorf abends zum gemeinsamen und beaufsichtigten Lernen treffen. Felix und ich helfen täglich im „Evening Study Center“ in Keela Eral. Organisiert werden diese „Center“ von den Salesianern und den angestellten Mitarbeitern vor Ort. Insgesamt 8 „Evening Study Center“ wurden hier in der Umgebung in verschiedenen Dörfern aufgebaut. Letzten Sonntag trafen sich alle 250 Kinder aus den 8 „Evening Study Centers“ in Keela Eral zu einer vorzeitigen Weihnachtsfeier. Jede Gruppe führte mindestens einen Tanz oder einen Sketch vor. Felix und ich wurden als Fotografen und „Chief Guests“ eingesetzt. Das heißt, dass wir am Ende der Aufführungen den Kindern ihre Weihnachtsgeschenke überreichen durften. Nach dem zweistündigen Programm gingen alle gemeinsam in die Kantine und erhielten eine nahrhafte Mahlzeit, nämlich „Tomato Rice“ mit Hühnchen und Chips und anschließendem Kuchen. Der Koch der Hostel-Jungs hatte das leckere Essen zubereitet. Felix und ich übernahmen die Kosten für das Fleisch. Father Amaladoss meinte, dass die Kinder aus den Dörfern sehr selten Fleisch bekommen. Es war ein toller Vormittag. Ich hatte viel Freude daran, den Kindern zuzuschauen wie viel Spaß sie beim Essen, Tanzen und Spielen hatten.

Christmas Celebration!

Christmas Celebration!

Die indische Politik

Um nochmal zur indischen Politik zurückzukommen: In den letzten Monaten gab es hier konkret zwei Ereignisse, die für einigen Trubel gesorgt haben. Das war zum einen die Demonetisierung veranlasst von „Prime Minister“ Modi. Um seinen Kampf gegen Korruption und Schwarzgeld voranzutreiben, entschied Modi die 500-Rupien-Scheine und die 1000-Rupien-Scheine aus dem Verkehr zu ziehen und durch neue 2000-Rupien-Scheine zu ersetzen. Folge davon war, dass natürlich kein Geschäft die veralteten 500- und 1000-Rupien-Scheine akzeptierte. Aber es waren auch noch keine neuen Scheine da. Erst nach einer Woche hielt uns unserer Father seine erste 2000-Rupien-Note unter die Nase. Man kann zwar die veralteten Scheine wechseln, aber immer nur einen begrenzten Betrag. Das gleiche gilt für das Abheben von Geld. Allerdings ist fast jeder ATM, an dem man vorbeikommt, geschlossen. Ich bin gespannt, wann alles wieder beim Alten ist und man problemlos an Geld gelangt.

Ein weiteres Ereignis, das für Aufruhr sorgte, war der Tod der „Chief Ministerin“ Jayalalithaa. Nachdem sie zwei Monate im Krankenhaus verbracht hatte, verschlimmerte sich ihr Zustand plötzlich dramatisch und sie verstarb am 5. Dezember aufgrund den Folgen eines Herzinfarkts. Kurz darauf flatterte auch schon eine E-Mail vom deutschen Konsulat ins Postfach, dass man öffentliche Ansammlungen und Busse wahrscheinlich aus Angst vor Krawallen meiden sollte. Inzwischen hat sich diese Situation aber weitestgehend beruhigt und man muss keine Bedenken mehr haben.

Wie gehts weiter

Nach Heilig Abend steht nun der erste richtige Urlaub an. Gemeinsam mit Felix, Anna und Lydia reise ich nach Bangalore und von dort weiter nach Goa. Während wir in Bangalore ein weiteres Mal indisches Großstadtfeeling erleben dürfen, kann und darf im Strandparadies Goa auch etwas relaxed werden. Ich freue mich bereits sehr auf den elftägigen Urlaub mit den anderen Freiwilligen. Selbstverständlich wird es im Januar auch noch einen Blogbeitrag über diese Reise geben. Bis dahin viele Grüße aus Indien, ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2017!