Sister, Sister, darf ich in euer Zimmer kommen? Siiiister, darf ich dir beim Wäsche waschen helfen? Sister Sister, du bist so toll! Kannst du nicht für immer hier bleiben? Sister, ich hab dich so lieb! Umarmst du mich?

Na was glaubt ihr, stammen diese Sätze eher von Jungs oder von Mädchen? Ihr habt bestimmt richtig geraten: von Mädchen. (Sie könnten allerdings auch von kleinen Jungs stammen, obwohl sie wahrscheinlich nicht so die große Hilfe beim Wäsche waschen wären;))SAM_1241 1

Solche Sätze mögen andere Volontäre vielleicht sehr häufig zu hören bekommen, aber für uns sind sie nicht so selbstverständlich. Da wir mit Jungs im Alter von 14 bis 18 Jahren zusammenarbeiten sind Umarmungen und freundschaftliche Liebeserklärungen eher nicht an der Tagesordnung.  Sie tun sich schwer ihre Gefühle auszudrücken und zeigen das nur ab und zu durch kleine Gesten, die wir dann erst richtig deuten müssen. Aber haben wir sie erstmal richtig gedeutet, freuen wir uns natürlich umso mehr!

Allerdings durften wir nun einen Monat lang auch mal genau das Gegenteil erleben. Wir sind, wie schon im letzten Blogeintrag erwähnt, für vier Wochen in die Mädcheneinrichtung gezogen. Sie ist eine der vier Don Bosco Navajeevan Einrichtungen hier in Hyderabad, die unter der Leitung unseres Direktors stehen. Schon am Anfang unseres Jahres haben wir uns gewünscht, dort auch etwas Zeit zu verbringen. Da hier alle Schüler im Mai Sommerferien haben und die meisten Häuser der Salesianer ein besonderes Ferienprogramm anbieten, hat sich so die perfekte Gelegenheit für uns geboten. Am 30. April haben wir also unsere Koffer gepackt und los ging es in unser einmonatiges Zuhause. Der Empfang dort war sehr herzlich und wir haben uns direkt wohl gefühlt… Nur ein paar  Kleinigkeiten mussten erstmal beseitigt werden. Zum Beispiel das Vogelnest in unserem Zimmer, das wir dann doch nicht  so gerne behalten wollten. Das Bad hatte eher ein typisch indischen Flair: So eine Eimerdusche ist am Anfang doch etwas gewöhnungsbedürftig, aber immerhin ist das sehr Wasser sparend und nach spätestens zwei Tagen wurde es dann auch zur Normalität.

Während der Schulzeit leben in der Einrichtung um die vierzig Mädchen, von denen ca. 25 zur Schule oder aufs College gehen. Die Restlichen bleiben den Tag über Zuhause und werden im Schneidern und an den Computern unterrichtet. Nach dem Summercamp werden sie zudem noch auf eine wichtige Prüfung vorbereitet, mit der sie später auch ein College besuchen können.

Während des Summercamps waren es etwas mehr als vierzig Mädchen im Haus. Allerdings sind einige von anderen Einrichtungen gekommen und manche Don Bosco Mädels besuchten für die Zeit ihre Familien zu Hause. 20170505_182624Betreut wird dieses Heim von zwei Schwestern und zwei jungen Frauen, die den ganzen Tag mit dem Mädchen verbringen. Mit ihnen haben wir uns sehr gut verstanden und alle vier leisten eine tolle Arbeit dort. Aber besonders von der einen Schwester waren wir sehr beeindruckt. Unter anderem hat sie uns erzählt, wie sie zusammen mit zwei anderen Schwestern unter ziemlich großer Gefahr 25 minderjährige Mädchen aus der Prostitution befreit und ihnen damit ein neues Leben mit einer richtigen Zukunft geschenkt hat. hat. Einige von diesen Mädchen gehen nun zum College und führen ein „normales“ Leben.  Auch in der Einrichtung setzt sie sich immer für die Mädchen ein und gibt ihr Bestes.

So nun wollen wir euch einen kleinen Überblick über unseren Tagesablauf bei den Mädchen verschaffen:  😉

00:00 – 6:00 Uhr: Eva und Sarah auf der Suche nach einer Position, in der sie nicht am Schwitzen sind.

Sarah: „ Es ist soooo heiß! Kannst du auch nicht schlafen?“

Eva: „ Nö! Der Ventilator an der Decke bringt auch nicht so richtig was, oder?“

Sarah: „Nasses Handtuch?“

Eva: „ Jaa bitte!“

6:30 Uhr: „Kikeriki“ kräht der Hahn – „Aufstehen ihr beiden!“

Eva: „Was schon? Bin doch gerade erst eingeschlafen…“

Sarah: „ Genau, jetzt wäre die Temperatur erträglich zum Schlafen. Aber gut, wir wollen die Mädchen ja nicht warten lassen!“

6:45 Uhr: Auf ging es zum Yoga und Workout mit den noch sehr verschlafenen Mädchen.OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Eva: „ Und die Hände zum Himmel strecken!“

Sarah: „ Nur noch fünf „Sit ups“- kommt schon ihr schafft das!!!“

Mädchen: „ Stöhn… das tut aber sooo weh!“

Eva und Sarah: „Ach Quatsch! Das ist guter Schmerz! Und los kommt… noch ein paar Kniebeugen!“

20170530_1358237:15 Uhr: Große Umarmungszeremonie – Zur Umarmung gab es noch von jedem Mädchen ein „Good Morning“ und einen Schmatzer auf die Wange dazu.

7:30 Uhr: Vorbereitung des Unterrichts. Ja, das war bei den Mädels tatsächlich möglich. So richtig wie in der Schule.

20170508_221836Eva: „Hmm… Welche Vokabeln bringe ich den Mädels denn heute bei? Mit den Kleinen wiederhole ich am besten nochmal die Tiere und die Älteren lasse ich mal einen Dialog mit den positiven Gefühlen von gestern aufschreiben. “

Sarah: „Ich denke ich mache heute mal verschiede Zeitformen und lasse sie Verben konjugieren. Wir müssen heute auch noch die Tests für morgen vorbereiten.“

Eva:„ Stimmt, da freuen sich die Mädchen bestimmt drüber ;)“

(und ja ihr habt richtig gelesen, da haben sie sich wirklich drüber gefreut.) Währenddessen wurde uns auch schon ein Kaffee gebracht.

8:15 Uhr: Frühstück und dazu einen zweiten sehr süßen Kaffee zum endgültig wach werden!

8:45 Uhr: Ab unter die Eimerdusche und für den Tag fertig machen. Dazu gehören natürlich auch Ohrringe! Ohne geht gar nicht… Aber hatte man sie dann doch mal vergessen, stehen die Mädchen natürlich direkt zur Stelle und ihre Ohrringe werden mal eben in deine Ohrlöcher gesteckt. Wie immer gilt, je kitschiger desto besser 😉

9:30 Uhr: Auf zum Unterricht. Die Mädchen waren am Anfang des Monats in drei Gruppen eingeteilt worden – abgestimmt auf ihr Lernniveau. Unterrichtet wurden sie von Sarah in englischer Grammatik, von Eva in Vokabeln und in gesprochenem Englisch und von einer Erzieherin in den Standard- Programmen an den neuen Computern. Jeder unterrichte also eine Gruppe für ca. eine Stunde. Dann wurde gewechselt.OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Eva: „ So wer von euch kann mir den sagen wie „elephant“ geschrieben wird? Laxmi*, wie ist es denn mit dir?“

Laxmi: „ Siiister… pleeasse… hmmm… ok ich versuche es: e, l, a…“

Monica*: „Falsch!!! E,l,e,p,h,a,n,t .“

Eva: „Monica, schön dass du das weißt, aber Laxmi hätte das bestimmt auch noch selber hingebekommen. Also nicht immer so reinrufen, ok!?“

Monica: „ Ok, sorry, sorry, sorry, sister!!!
Sarah: „Also es heißt: Ich habe gegessen, ich habe geschlafen, ich habe gesungen. Ok? Adharmainda [versteht ihr das?]?“

Mädchen: „Hihih du sprichst Telugu!!!Voll toll! Und ja wir haben es verstanden!“ Sarah: „ Ok, wer kann das jetzt auf das Verb „tanzen“ anwenden?“ Siri*, du vielleicht?“OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Siri: „ Ich haben tanzen?“

Sarah: „ Nicht ganz… Und das ganze nochmal von vorne… Übung macht ja schließlich den Meister.“

12:30 Uhr: Nach dem Unterricht ging es mit hungrigen Mägen und rauchenden Köpfen endlich zum Mittagessen.

Eva: „Madhawi* hat heute wieder so viele leckere Sachen gekocht… wo soll man denn da anfangen?

Sarah: „ Ich glaube sie möchte, dass wir kugelrund werden. Und hier nicht mehr weg kommen. ;)“

13:00 Uhr: Was tun bei über 40° C im Schatten? – Richtig unterm Ventilator versuchen zu schlafen.SAM_1472

Sarah: „ Also eigentlich müssten wir noch die Bastelstunde vorbereiten… und auch noch den Test für morgen.“

Eva: „ Ja stimmt und wir müssten uns auch noch an unsere Bewerbungen setzten…. Oh man aber eigentlich kann das auch noch warten oder nicht?“

Sarah: „ Hmm… Was machen wir da nur? Ich konnte in der Nacht wegen der Hitze nicht schlafen und bin wieder einmal total müde… Gesundheit geht vor… schlaf gut.“

14:25 Uhr:

Sarah: „ Oh Mist wir müssen aufstehen! Was machen wir den jetzt mit den Mädels?“

Eva: „ Origami und Mandalas?“

Sarah: „Ok geht klar!“ Das machen sie sowieso am liebsten!“

14:30 Uhr: Auf zur Bastelstunde.OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Mädchen: „Können wir Mandalas ausmalen?“

Andere Mädchen: „ Oh… Aber wir wollen viel lieber Sterne, Boxen und Kraniche falten!“

Sarah zu Eva geflüstert: „Wie gut, dass wir uns so gut vorbereitet haben ;)“

16:00 Uhr: Klingeling- Snacks- Time.

Eva: „ So ihr Lieben, wir müssen jetzt aufhören. Freiwillige vor zum Fegen!“

Ganz schön schnell waren dann plötzlich alle Mädels verschwunden, aber wer kehrt auch schon gerne den Boden, wenn es draußen leckere indische Süßigkeiten oder sogar frische saftige Mangos gibt. Zum Glück gibt es dann doch immer die ein zwei Mädels die sehr hilfsbereit sind und immer mithelfen. Wer kennt sie nicht?! Mit dem Aufräumen mussten wir uns immer etwas beeilen- immerhin rief da schon unser mittlerweile dritter Kaffee nach uns.

16:30 Uhr:  Games – Time

Sarah: „So Mädels, worauf habt ihr denn heute Lust?“

Mädchen: „ Das Kreisspiel!!!“OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Eva: „Aber das spielen wir doch fast jeden Tag?!“

Mädchen: „Trotzdem!“

Sarah: „Na dann… Los geht’s!“ und zu Eva: „Ich glaube, wir sollten für morgen mal das Chaosspiel vorbereiten…“

17:30 Uhr:  Wuff wuff… Nun melden sich die Wachhunde zu Wort 😉

Eva: „Susi, alles gut, wir kommen ja schon! Allerdings könntest du etwas leiser bellen… meine Ohren tun jetzt schon weh und du machst den Mädchen Angst.“ Sarah: „ Sonu, du musst schon still halten sonst kann ich dich nicht losmachen.“  SAM_1361 1Mädchen: „Ich mach jetzt das Tor auf… habt ihr sie?“

Eva und Sarah: „Klar!“  Eine Sekunde später: „Aaaahhh…. hey ihr beiden nicht so schnell!!!“

18:00 Uhr:

Sarah: „ So also jetzt brauche ich dringend eine Dusche!“

Eva: „ Ach Quatsch… Sonus Duft steht dir gut ;)“

Sarah: „ Haha! Also heute waren sie mal wieder kaum zu bändigen die beiden. Aber ich hab sie trotzdem sehr lieb!“

Ohne ausführliche Streicheleinheit konnten wir die beiden natürlich auch nicht verlassen.

18:45 Uhr: Frisch geduscht und umgezogen ging es meistens zur Studytime.20170518_191719

Sarah: „Wer von euch braucht den nun noch etwas Hilfe?“

Fünfzehn Mädchen gleichzeitig: „ Ich! Ich! Ich!“

Eva: „Oh je, wo fangen wir denn da am besten an?!“

19:30 Uhr: Für die Mädchen hieß es jetzt Rosenkranz beten und wir gingen meistens in die Küche und halfen, die Chapatis auszurollen. Dabei haben wir es uns natürlich auch nicht nehmen lassen, manchmal ein wenig herum zu experimentierten 😉20170503_194821

20:00 Uhr: Abendessen. Den besten Pappu (eine Art Soße die zusammen mit Reis gegessen wird) gibt es eindeutig in Hayathnagar!

20:30 Uhr: Große „Gute Nacht Umarmungszeremonie“

21:00 Uhr:

Sarah: „ So also eigentlich bin ich ja ziemlich müde, aber die Bewerbungen und die Tests rufen…“

Eva: „ Na los, machen wir uns an die Arbeit.“

00:00 Uhr:

Sarah: „ Schlafen?“

Eva: „Versuchen wir‘ s… Gute Nacht!“

 

So oder so ähnlich 😉 sah unser Tag in Hayathnagar aus. Natürlich haben wir auch mal andere Sachen mit den Mädels gebastelt und auch große Gruppenspiele und SAM_1636 1 P1010554 auch einmal eine Fashionshow veranstaltet (siehe Bilder). Diese vier Wochen waren mit die schönsten, die wir bisher hatten und wir haben sie sehr genossen! Wir haben die Mädchen sehr in unsere Herzen geschlossen und waren ziemlich traurig, als wir sie wieder verlassen mussten. Allerdings haben wir uns auch darauf gefreut, unsere Jungs wiederzusehen. Nun sind wir bereits seit einer Woche zurück in Ramanthapur und der normale Alltag fängt mehr oder weniger langsam wieder an. Zurzeit sind noch nicht alle Jungs wieder da, weil noch Ferien sind. Deswegen hat der Unterricht für uns noch nicht angefangen.

Doch langsam geht es für uns auf den Endspurt zu. Nur noch zwei Monate…. Dann geht es für uns zurück nach Deutschland. Ganz schön verrückt! Aber daran wollen wir jetzt ja noch nicht denken!

Nun muss auch endlich mal dieser sehr lange Blogeintrag ein Ende finden (Herzlichen Glückwunsch falls ihr bis hierher durchgehalten habt!)

Ganz liebe Grüße aus dem nun endlich etwas kühler werdenden HyderabadIMG-20170526-WA0022

 

Sarah und Eva

 

*Alle Namen der Mädchen haben wir aus Sicherheitsgründen geändert.