Meine ersten Ferien in Bolivien und gleichzeitig meine erste Reise durch Bolivien. Als Ausgleich zum Campamento haben alle Voluntäre des Hogars drei Ferientage gut geschrieben bekommen. Da Lea und ich besonders clever sind, haben wir diese an unseren freien Tag und den freien Vormittag am Samstag gehängt, so dass wir insgesamt viereinhalb Tage zum Reisen hatten. Als unser Reiseziel hatten wir Samaipata, ein kleines Dorf knapp drei Stunden entfernt von Santa Cruz, anvisiert. Die Hinreise war relativ simpel und günstig mit Micro und Taxi. Insgesamt haben wir 32 Bolivianos, also umgerechnet knapp 4,50€, für die Hinfahrt bezahlt. Angekommen und ausgestiegen aus dem Taxi wehte uns ein ungewohnter Duft entgegen: frischer, gesunder Landesduft. Es roch nach Blumen, Wald, Pflanzen und auch ein kleines bisschen nach Schwein. Fast wie in meinem Heimatkaff. Es war eine wundervolle Abwechslung zu dem sonst so schmutzigen Großstadtgestank. Die Luft fühlte sich nicht pappig und dreckig auf der Haut an, sondern, trotz Hitze, richtig erfrischend. Allein die Minuten, die wir auf der Suche nach unserem Hostel waren, habe ich aus vollen Zügen genossen. Unser Hotel war ein wirklich süßes, verwachsenes und buntes Häuslein.

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Von unserem Zimmer aus hatte man einen genialen Ausblick in die Natur hinaus.

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Und genau dort verbrachten wir auch den Großteil des ersten Tages: In unserem Zimmer. Wir waren so k.o. von der Fahrt, der Arbeit und dem frühen Aufstehen, dass wir tatsächlich erstmal knapp drei Stunden geschlafen haben. Als wir uns dann endlich aufraffen konnten, haben wir uns mal ein bisschen das Dorf angeschaut.

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Es ist ein absolut bolivienuntypisches Dorf. Überall gibt es Cafes, Bäckereien und Restaurants, die auf gesunde, ökologische und ausgewogene Ernährung Wert legen. Wo man sonst in Bolivien meistens kein einziges vegetarisches Gericht auf den Speisekarten der Restaurants findet, war es hier nicht unüblich vegetarisch und sogar vegan zu servieren. Teilweise wurde auf der Karte auch gar kein Fleisch angeboten. Also mal eine wunderschöne Abwechslung für mich und mein Vegetarierdasein. Es gibt insgesamt eine sehr große Auswahl an Cafes und Restaurants  verstreut in ganz Samaipata. Und so stellten wir uns am ersten Tag schon einen Plan auf, was wir unbedingt im Verlaufe der Woche besuchen wollen. Am ersten Abend aßen wir in einer kleinen Pizzeria namens „Pizzeria“ mit nur einem einzigen Pizzabäcker. Dieser stand hinter dem Tresen in der offenen Küche mit seinem weisen Leinenhemd, dazu passender Hose und einem Strohhut und belegte die vorbereiteten Pizzateige in Rekordzeit. Der Preis der Pizza war sehr geldbeutelschonend und die Pizza der absolute Hammer.

Am nächsten Tag beschlossen wir spontan „El Fuerte“ zu besuchen und im Anschluss noch in den Wasserfällen „Cuevas“ zu baden. Dorthin sind wir mit einem Mototaxi gefahren. Das sind Taxis, allerdings transportieren diese dich nicht in einem Auto, sondern auf einem Motorrad, was ebenfalls auch ein kleines Erlebnis war. Der Fahrtwind in der Nase, die Sonne auf der Haut und die atemberaubend schöne Landschaft um sich herum sind wir durch die kleinen Berge zum „El Fuerte“ gefahren.“El Fuerte“ ist eine Ruinenstätte der Inka. Der genaue Zweck war lange Zeit nicht bekannt und es wird bis heute noch ein bisschen um die Bedeutung dieses Ortes gerätselt. So ist sowohl die Funktion als Verteidigungsanlage, als auch als rituelle Zeremonialstätte möglich. Allerdings ist man sich einig, dass eher zweiteres zutrifft. Ebenso ist man sich nicht im Klaren was die einzelnen, in Stein eingemeißelten Symbole, Figuren und Tierdarstellungen aussagen wollen. Das in der Nähe gelegene Loch „El Hueco“ wirft genauso viele Fragen und Rätsel auf. Dagegen bleibt umstritten, dass „El Fuerte“ ein einzigartiges Zeugnis aus der Zeit der Inkakultur darstellt und gleichzeitig auch der größte, von Menschenhand bearbeitete Stein auf der Erde ist. So darf „El Fuerte“ sich auf Grund seiner Bedeutung und Einzigartigkeit mit der Auszeichnung als UNESCO-Weltkulturerbe schmücken. Vor Ort haben wir spontan einen kleinen Privatführer bekommen: Ein einheimischer Besucher, der uns über manche Rätsel des „El Fuerte“ aufklärte. Es war ein sehr spannender und interessanter Ausflug in die Hinterlassenschaften dieser Hochkultur.

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Als wir dann mit dem Rundgang fertig waren, und, dank Sonne, schon sehr rot angelaufen waren, ging es dann mit dem Motorrad weiter zu den „Cuevas“. Dies sind drei natürliche Wasserfälle auf einem eingezäunten Gelände verteilt. Die Natur war, wie im ganzen Umkreis Samaipatas wunderschön. Das Wasser war eine passende Erfrischung an dem heißen Tag und so entschloss ich mich spontan mitsamt meinen Klamotten, Rucksack und Handy ins Wasser zu setzen. Nicht unbedingt die beste Idee und so versetzte mir dieser Ausrutscher dem sonst so schönen Tag einen kleinen Dämpfer. Das Baden unter den Wasserfällen glich dann allerdings meine Laune wieder etwas aus.

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Zu Hause angekommen, nach einem wirklich langen Tag, leuchteten sowohl Lea, als auch ich, so schön rot wie eine frischpolierte Wasserboje. Zu unseren Sonnenbrandproblemen gesellten sich kurz darauf auch noch Geldprobleme, da ich dummerweise meinen Code für meine Bankkarte vergessen hatte und diesen dann auch noch dreimal falsch eingegeben hatte. Als alles wieder geklärt war, fing Leas Bankkarte an zu spinnen, so dass sie auch darauf nicht mehr zugreifen konnte. So durften wir uns während unseres Urlaubes mit Geldsorgen rumschlagen. Trotz allem versuchten wir uns nicht unsere Laune verderben zu lassen und das Beste daraus zu machen. Am nächsten Tag gingen wir noch einmal auf Reise in die Inkazeit: in das „El Fuerte“-Museum direkt in Samaipata. Allerdings, muss ich zugeben, beschäftigten wir uns dort mehr mit Fragen über den Titicacasee und dessen angrenzenden Länder als mit den bedeutungsvollen Hinterlassenschaften der Inka. Den restlichen Tag vertrödelten wir mit rumschlendern, in der Hängematte des Hotels schlafen und essen. Beim Rumschlendern entdeckten wir ein paar wirklich schöne Läden mit sehr individuellem Angebot. So verliebte ich mich Hals über Kopf in den Schmuck von einem kleinen Laden namens „ Cepil“. Alles handgefertigt und atemberaubend schön. Am liebsten hätte ich einfach alles in diesem Laden aufgekauft. Da dafür aber leider das Geld nicht reichte, verblieb ich bei einer Armspange und einem Ring. Der Ladenbesitzer zeigte uns auch noch seine Technik des Ringefertigens und bastelte uns aus Draht ein kleines Kunstwerk.

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In einem anderen Laden gab es alte Kassetten umfunktioniert zu Portemonnaies zu kaufen. Also alles sehr individuell und genial was es hier zu kaufen gab. Am Abend entdeckten wir noch eine kleine Bar „Boheme“, die sofort, bei Betreten, unsere Herzen eroberte. Es war eine kleine „Hipsterkneipe“ mit wirklich schöner, alternativer Musik. Das Publikum dort war buntgemischt, jedoch kann man sagen, dass die meisten von ihnen weltbereisende Hobbyphilosophen waren.

Am nächsten Tag wanderten wir zu dem nahegelegenen Zoológico „El Refugio“ (die Zuflucht), um dort mit den Pferden durch die Natur zu reiten. Dies war zwar ganz schön, jedoch bereute ich diese Idee sehr schnell, als ich die armen Pferde bei der Hitze schwitzen sah. Am Abend gingen wir nochmals ins „Boheme“ und wurden dort spontan auf eine Geburtstagsparty von einer uns gänzlich unbekannten Person eingeladen. Als es dann plötzlich einen kompletten Stromausfall in ganz Samaipata gab, sind wir alle gemeinsam raus auf die Straße gegangen und haben den Sternenhimmel bewundert. Ich habe noch nie so viele Sterne auf einen Haufen gesehen. Es war atemberaubend. Kaum ein Fleck am Himmel war frei von Sternen. Somit kann ich sagen, dass es sich schon allein um den Sternenhimmel zusehen, lohnt einmal in Samaipata vorbei zukommen. Uns wurden Sternenbilder und ihre Bedeutung erklärt und wir durften uns Geschichten anhören wie wer nach Bolivien gekommen ist, bis Lea und ich dann in kompletter Dunkelheit wieder in unser Hostel aufgebrochen sind.

Der letzte Tag begann schon sehr früh, da wir ja an diesem Tag noch arbeiten mussten. So sind wir sehr zeitig aufgebrochen, allerding nicht ohne Integralbrot auf Vorrat zu kaufen.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Samaipata für mich eines der schönsten Dörfer ist, die ich bisher gesehen habe. Alles ein bisschen fern von der gewinnanstrebenden Gesellschaft. Alles etwas ruhiger und alternativer. Es scheint so, als würde jeder Einwohner dort seine Träume in die Wirklichkeit umsetzen, ohne dabei darauf zu achten größtmöglichen Gewinn zu erstreben. Ich hatte das Gefühl, dass es in dem Dorf vor allem darum geht im Moment glücklich zu sein, glück damkit zusein was man tut  und nichts bereuen zu müssen. Die Bewohner und Besucher waren unglaublich aufgeschlossen und gastfreundlich. Es war ein wunderschöner Urlaub und ich weiß jetzt schon, dass das nicht mein letzter Besuch in Samaipata bleiben wird.