Franzi in Benin

Ein Jahr im Projekt der Don Bosco Schwestern

Ein Blick auf die andere Seite

So meine lieben Leserinnen und Leser, hier mal ein kleines Update von mir. Von Schwafeln (wie meine Mitvolontärin Anna zu sagen pflegt), Reisen, Nachdenken, Nervenkitzel und Chillen war eigentlich alles dabei in letzter Zeit, aber lest selbst:

Cilly, Ich, Sven, Georg, Vroni und Anna vor den Falls

Cilly, Ich, Sven, Georg, Vroni und Anna vor den Falls

Auf zum Zwischenseminar nach Sambia
Wie einige von euch bestimmt schon mitbekommen haben, machte ich mich am 03.02. zusammen mit Vroni und Anna auf die lange Reise nach Sambia, auf die andere Seite Afrikas. Dort haben wir uns in Lusaka, der Hauptstadt Sambias, zusammen mit 12 weiteren Don Bosco Volontären zum Zwischenseminar getroffen. Ich fand es super spannend zu hören, wie es den anderen so im letzten halben Jahr ergangen ist. Dabei wurde mir auch erstmals bewusst wie rasend schnell die Zeit eigentlich vergangen ist und wie viel Aufregendes, Herzerweichendes und unglaublich Schönes ich bisher erlebt habe. Weil es uns natürlich allen so ging, war unser aller Quasselbedarf auch dementsprechend hoch. Doch in der einen Woche, die wir zusammen im Provinzial-Haus der Don Bosco Brüder wohnten fanden wir ausreichend Zeit uns auszutauschen. Dank der guten Organisation von Anna und Benedict hangelten wir uns an verschiedenen Leitthemen durch das Seminar.

Rückblick und Selbstreflexion

1,2,3...Cheeese!

1,2,3…Cheeese!

Zunächst erzählten wir uns gegenseitig, wie es uns mit der Arbeit, dem Einleben in die fremde Kultur und dem Zusammenleben mit den Brüdern oder Schwestern erging. Ich stellte Unterschiede und Gemeinsamkeiten fest und hatte endlich mal die Zeit tief in mich zu gehen und alle guten und schlechten Erlebnisse von meinem Abflug am 2.September 2016 bis zum Seminar Anfang Februar Revue passieren zulassen. Am folgenden Tag stellten wir uns die individuellen Erlebniskurven einander vor. Dabei bemerkte ich, dass ich mit all meinen Ups (z.B. Ausflüge, Arbeit mit Kindern etc.) und Downs (z.B. Heimweh, Alltagsstress etc.) gar nicht alleine war, sondern, dass es den anderen Volo’s oft ganz ähnlich erging wie mir.

Zeit für Diskussionen und Probleme…
Unter dem Thema „Kochtöpfe öffnen“, konnten wir dann alle mal so richtig Dampf ablassen über alles, was gerade in uns brodelte und sich gerade in der letzten so Zeit angestaut hat. Anschließend diskutierten wir über die genannten Problemfelder und versuchten jeweils dem Kern des Problems auf den Grund zu gehen.

Kajakfahren am See und...

Kajakfahren am See und…

Nach einem entspannten Ausflugsstag am nahegelegenen See ging es dann darum konkrete Lösungen für einzelne Probleme zu finden. Benedikt erklärte uns, dass man bei einem Konflikt immer auch die Hintergründe des Gegenübers, bzw. seinen Blickwinkel versuchen soll zu verstehen. Das bedeutet, dass ich mich auch einmal dazu aufraffen muss den „Blick auf die andere Seite“ zu werfen, um so dem Gegenüber ein stückweit entgegenkommen zu können.

...Entern!! Hilfe! :)

…Entern!! Hilfe! 🙂

Hier ein konkretes Beispiel: „Wenn ich in der Baracke arbeite, dann kriege ich oftmals nicht wirklich mit, was gerade so um mich herum passiert, da alles nur auf Fongbe gesprochen wird. Frage ich dann auf Französisch nach, dann bekomme ich nur die Hälfte beantwortet. Dadurch fühle ich mich irgendwie übergangen…“, so oder so ähnlich würde ich eines meiner Alltagsproblemchen beschreiben. Durch die Diskussionsrunde ist mir nun aber klargeworden, dass ich meine eigenen Interessen vielleicht manchmal ein Stückchen zurücknehmen muss und respektiere, dass die meisten Mädchen nur Fongbe sprechen können. Sie würden sich ja dann ebenso ausgeschlossen fühlen, wenn ich plötzlich anfinge französisch zu sprechen. Mit ein paar kleinen Mädels unterhalte ich mich seitdem in einer ausgedachten Fantasiesprache und gestikulierend erzählten wir uns so schon die längsten Geschichten. Klingt dann ungefähr wie Chinesisch 🙂
Mir ist nach diesem Seminar erst richtig klargeworden, wie wenig wirklich gravierende Probleme ich im Alltag habe. So bin ich nun noch dankbarer die Chance zu haben, hier in Benin in diesen tollen Projekten leben und arbeiten zu können. Auch nach 6 Monaten gehe ich weiterhin sehr gerne zur Arbeit, wo ich mit freudigem Lachen von den Kindern empfangen werde!
Das Seminar rundeten wir mit einem gemeinsam gestalteten Gottesdienst ab bei dem wir laut all die Don Bosco-Songs schmetterten. Anschließend wurde gegrillt und mit ein paar Bierchen auf die erfolgreiche letzte Woche angestoßen!!

Mit dem Rucksack zu den Wasserfällen:
Und nach der ungewohnt hohen Beanspruchung meines Gehirns während des Seminars, war glücklicherweise noch eine Woche Entspannungsurlaub angesagt. Gemeinsam mit den anderen Volo’s fuhren wir mit dem Reisebus nach Livingstone, dem Hauptanziehungspunkt für Touristen in Sambia. Ungefähr 10 Minuten von der Stadt entfernt, an der Ländergrenze zu Simbabwe befindet sich nämlich ein wahres Wunder der Natur: Die Naturgewalt der Viktoria Fall… „So groß, was kann größer sein? So schön, was kann schöner sein? So nass, was kann nässer sein, so wunderbar groß!“, Diese Zeilen des altbekannten Kinderlieds schossen mir durch den Kopf, während ich auf der „anderen Seite“ der riesigen Schlucht stand und auf die gewaltigen Wassermassen blickte, die hinunter in die Tiefe jagten. Links und rechts von mir sah ich wunderschöne Regenbögen, die sich aus dem Zusammenspiel von Wasser und Sonne ergaben. Es war wirklich atemberaubend!!!

WOW!

WOW!

 

Regenbogen, oh wie bunt!

Regenbogen, oh wie bunt!

Für alle Touristen, die den Nervenkitzel lieben, werden rund um die Wasserfälle verschiedenste Action-Attraktionen (Bungee-Jumping, Baden im Angels Pool am Abgrund zu den Falls, oder Rafting) angeboten, die aber doch alle mit saftigen Preisen verbunden sind. Nach einigem Hin und Her habe ich mich dazu entschieden auf dem Sambezi-River Wildwater Raften zu gehen. Aufgrund der grandiosen grünen Landschaft, den unvergleichbar starken Stromschnellen und meinen coolen Mitfahrern werde ich dieses Ereignis noch lange in Erinnerung behalten. Die restlichen Tage unseres Urlaubs verbrachten wir gemütlich in unserem Backpacker Hostel am Pool. So konnten sich meine Gedanken in Ruhe setzen und ich schöpfte neue Kraft für die 2. Hälfte.

Sambia vs. Benin
Zum Schluss möchte ich noch einen kleinen Vergleich zwischen Sambia und Benin ziehen. Der erste Unterschied fiel mir gleich bei der Fahrt mit dem Taxi auf: Es gab dort einfach keine Motorradtaxis. „Ja wie kommt man denn dann von A nach B?“, schoss es mir bei diesem Anblick durch den Kopf. Man benutzt sogenannte Minibusse, deren Nachteil ist jedoch, dass sie erst losfahren wenn auch der hinterletzte Platz besetzt ist. Andererseits geht es auf den Straßen Lusakas viel geordneter zu als in Cotonou und jedes Auto bleibt auch wirklich auf seiner Spur. Nach den zwei Wochen fern von Benin ertappte ich mich jedoch schon dabei, sehnsüchtig an die Flexibilität und Schnelligkeit der Motorräder zu denken.

Sambia vs. Benin

Sambia vs. Benin

Und dann wäre da noch das Thema Einkaufen. In Benin muss man eigentlich nie einen Supermarkt betreten, da man alles (Nahrung, Schreibmaterial oder Spielsachen) auf der Straße, dem Markt oder in kleinen Buden kaufen kann. Das Problem dabei: Man muss immer genau wissen wo man das Gesuchte findet und wie viel man dafür bezahlen sollte, um nicht übers Ohr gehauen zu werden. Dementsprechend trifft man normalerweise kaum jemand in den klimatisierten riesigen Supermärkten von Benin an. Dort ist es für den Großteil der Beniner und auch oft für die „armen“ Volontäre einfach zu teuer, da nahezu alle Produkte aus Frankreich importiert werden. Ganz anders in Sambia: Hier sind die Supermärkte voller Menschen, die ihren Wocheneinkauf machen, da die Preise ein wenig angenehmer sind. So machte es mir echt mal wieder Spaß auch größere Mengen an Essen oder Bastelmaterialien ganz ohne Verhandeln einkaufen zu können. Man findet in den sambischen Großmärkten neben einigen lokale Waren vor allem Importe aus dem nahegelegenen Südafrika. Doch das eigentliche Highlight oder soll ich es doch lieber einen Kulturschock nennen, erwartete mich neben dem großen Supermarkt in Lusaka. Dieser grenzt nämlich an eine riesige Mall mit vielen Klamotten, Schuh und Elektrogeschäften. Alles war super herausgestylt und ich fühlte mich sofort zurückversetzt nach Deutschland. Es war echt ein seltsames und dann doch wieder sehr vertrautes Gefühl nach 6 Monaten Klamotten fein geordnet an Bügeln hängen zusehen.P1010457
Wenn man Sambia einfach so als Tourist durchreist, dann wirkt das Land sehr fortschrittlich. Ab und zu rufen dir zwar ein paar Kinder „Musungo“ (Weiße) hinterher, doch durch die vielen Touristen fällt man als Weißer gar nicht mehr so besonders auf. Auf der anderen Seite habe ich durch die Erzählungen der anderen Volontäre, die ihr Projekt in Sambia haben erfahren, dass es hinter dieser nach außen sehr wohlhabende Seite des Landes auch eine wirklich arme Bevölkerung jenseits des Tourismus gibt. Daher ist die große Schere zwischen arm und reich sowohl in Sambia als auch in Benin (siehe Blogeintrag „Vom Markgewimmel zur deutschen Residenz“) sehr weit geöffnet. Im Großen und Ganzen bin ich wirklich froh einen Eindruck von einem weiteren afrikanischen Land gesehen zu haben 🙂

 Wasserschlacht am Pool Livingstone

Wasserschlacht am Pool in Livingstone

News aus Benin und wie mein Alltag in Benin nach über 173 Tagen jetzt eigentlich konkret ausschaut, dass berichte ich dann beim nächsten Mal. Gerne beantworte ich euch auch persönlich mögliche Fragen und freue mich immer wieder über euer Interesse.

Eure Franzi!

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3 Kommentare

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  2. Hallo ihr lieben Nachbarn!
    Freut mich total von euch zu hören:) Anbei nochmal vielen Dank für die großzügige Spende! Der Schutzengel begleitet mich täglich an meinem Schlüsselbund und beschützt mich selbstverständlich!
    wirklich ganz liebe grüße und ein paar warme Sonnenstrahlen sende ich euch,
    eure Franzi!

  3. Brita und Rudi

    Liebe Franzi, es macht immer wieder Freude, Deine Erlebnisse und Dich über Deine Arbeit berichten, lesen zu können. Man spürt an Deinen Worten, dass es Dir seeeeeehr viel Spaß macht. Heimweh zu haben ist ganz natürlich. Ich erinnere mich an Deinen letzten Abend auf Eurer Terrasse. Ich bin sicher, dass der Schutzengel weiterhin die Hand über Dich hält. Fühle Dich ganz fest gedrückt von der Brita und dem Rudi.

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