Franzi in Benin

Ein Jahr im Projekt der Don Bosco Schwestern

Vom Marktgewimmel zur deutschen Residenz

Gestern kam ich um halb sechs völlig verschwitzt nach Hause. Schnell raus aus der Leggins und dem Schlabber T-Shirt, kurze, kalte Dusche und dann reingeschlüpft in den Bomba, etwas Schmuck angelegt und fertig. Aber wofür diese ganze Hektik? Ganz einfach, angesichts des deutschen Nationalfeiertags (3.Oktober) wurden wir Volontäre offiziell in die Residenz des deutschen Botschafters eingeladen. Zu dieser Feier mussten wir uns selbstverständlich etwas Schickes anziehen. Aber was ist hier denn eigentlich schick? In der Messe am Sonntag tragen hier alle Leute in unserer Gegend das traditionelle, bunte Bomba Gewand, worauf demnach unsere Kleiderauswahl für diesen Abend fiel. Mit dem passenden Outfit konnte es schließlich losgehen:

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Bonjour a la résidence allemande

Nach einer sehr wilden, aufregenden Zem Fahrt war ich heilfroh endlich gemeinsam mit den anderen (Anna, Vroni, Nathi und Simon) vor den Toren der riesigen Villa des Botschafters zu stehen. Zunächst durften wir über einen roten Teppich stolzieren und dem Gastgeber persönlich die Hand schütteln. Anschließend schaute ich mich völlig fasziniert auf dem Gelände um. „Das muss doch ein Traum sein. Eben war ich noch auf dem Markt, wo alle ihre Waren auf dem Boden oder auf dem Kopf verkaufen, wo es keine richtigen Straßen gibt, wo überall Müll herumliegt, wo alles bunt und laut ist, wo ich für 1€ (650 Francs) ein wirklich üppiges Mittagessen kaufen kann. Und jetzt stehe ich hier, ungefähr 3 Kilometer von meinem Arbeitsplatz entfernt, in einem kleinen Paradies. Palmen umsäumen eine riesengroße Grünfläche, ein kleines Schwimmbad wird von den abendlichen Sonnenstrahlen beleuchtet, dahinter erkenne ich einen Tennisplatz. Unter einem Zelt, dass geschmückt mit vielen kleinen Deutschlandfähnchen ist, stehen Menschen in Cocktailkleidern unterhalten sich in Grüppchen und nippen an ihrem Wein. Einige Meter weiter hinten ragt die große Villa hinter weiteren exotischen Bäumen hervor. Und dann stehe ich da mit meinem Bomba und frage mich, was ich eigentlich hier mache.“ Etwas außergewöhnlich sahen wir wohl schon aus mit unserem traditionellen Gewand, aber so konnten wir uns bei den über 400 Leuten, die bei dieser Feier waren, leicht erkennen und wiederfinden. Besonders witzig fand ich es, dass wir noch einige weitere Volontäre getroffen haben, die teilweise auch in Cotonou oder etwas außerhalb auf dem Land wohnen und arbeiten. Wir haben gleich einmal die Nummern ausgetauscht, um uns gegenseitig zu besuchen oder etwas zusammen zu unternehmen. Nach ca. einer Stunde wurde dann die deutsche Nationalhymne gespielt und es folgten einige Reden, bevor endlich das Essen eröffnet wurde. Es gab große Bratwürste im Brötchen, die endlich mal wieder nach richtiger Wurst geschmeckt haben. Später holte ich mir dann noch ein Stück des Deutschlandkuchens ab, das ich mit Genuss verzehrte. Wir ihr seht habe ich den Abend sehr genossen und einige wirklich interessante Gespräche geführt. Und so glaube ich werde ich dieses besondere und faszinierende Erlebnis noch lange in Erinnerung behalten. In meiner Fotogalerie findet ihr noch weitere Bilder 🙂

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Ich habe gerade versucht euch bei dem kleinen Rückblick des gestrigen Abends etwas begreiflich zu machen. Für mich hat Cotonou zwei Gesichter: Auf der einen Seite ist da die einfache Bevölkerung, die wirklich wenig zum Leben hat. Die Menschen sind dafür aber menschlich total offenherzig, leben mit ihren Traditionen und Riten, lieben es zu singen und zu tanzen. Sie freuen sich sehr, wenn ich als Weiße etwas Fongbe sprechen kann, wenn ich das Bomba trage oder wenn ich mit den Händen esse. Das zweite Gesicht ist das der reichen Oberschicht, die in ihren Villen nahe des Meeres und des Hafens in großem Luxus wohnen. Wir waren nun schon bei mehreren Veranstaltungen, wo wir eigentlich nicht hingehören, aber, weil wir weiß sind, kriegen wir plötzlich Karten für eine bekannte Modenschau, werden zu einer Kleider-und Schmuck-Ausstellung im Haus eines Amerikaners eingeladen oder gehen in die Residenz der deutschen Botschaft. Ich will nicht sagen, dass mir all diese Erfahrungen missfallen haben, dem ist nämlich ganz und gar nicht so, nein, ich möchte nur zeigen, dass es hier vorgegebene Raster gibt, in die man automatisch fällt allein wegen seiner Hautfarbe. Man sieht den Unterschied zwischen arm und reich alleine an den Straßen, die auf der einen Seite zweispurig ausgebaut sind, auf der anderen Seite ledig aus Sand bestehen. Natürlich sind die genannten Beispiele die beiden Extreme und es gibt selbstverständlich auch verschiedene Schichten dazwischen. Trotz allem finde ich das die Schere zwischen arm und reich hier extrem weit geöffnet und sehr offensichtlich ist. Es will mir einfach nicht klarwerden, wie diese zwei so verschiedenen Welten einfach so nebeneinander existieren können. Hier habe ich das große Glück beide Seiten kennenzulernen und zu erleben. Ich will in meinem Blog kein Urteil über das fällen, was ich hier so beobachte, denn ich will lediglich davon berichten, damit ihr, meine lieben Leserinnen und Leser danach eure eigenen Meinungen bilden könnt. Denkt darüber nach ob es gut oder schlecht ist, wenn verschiedene Lebensweisen aufeinandertreffen. Denkt darüber nach, ob man jemanden auf Grund seiner Herkunft einfach abstempeln und in ein Raster werfen sollte oder ob man ihm nicht einfach eine Chance gibt und versucht ihn kennenzulernen und ihn so zu akzeptieren, wie er ist. Denn wie heißt noch gleich das Zitat des kleinen Prinzen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentlich ist für die Augen unsichtbar.“

Mit diesem Schlusssatz wünsche euch allen einen schönen Abend! Ich freue mich von euch zu hören und hoffe euch geht es allen gut!

Liebe Grüße,

Franzi!

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Kleine Fotosession vor dem coolen Schwimmbad 🙂

PS: Eigentlich wollte ich meinen Blogeintrag über die Mädchen in der Baraque SOS schreiben, aber davon erzähle ich euch einfach beim nächsten Mal  🙂

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2 Kommentare

  1. lena pötzl

    liebe Franzi,
    auch von mir ganz Ganz liebe Grüße
    Es ist echt schön wie du deine Berichte schreibst, da kann man richtig gut mitfühlen was du so erlebst. Ich denk an dich und noch eine wunderschöne Zeit. Fühl dich gedrückt
    Deine Lena

  2. Die Fleiner

    Liebe Franzi,
    sensationeller Blog, spannende Berichte und super Bilder!!! Sehr cool, dass wir so an Deinem Afrika Jahr teilhaben können…. Wir freuen uns schon auf den nächsten Bericht!
    Liebe Grüße aus dem immer kühler und herbstlicher werdenden Ländle.
    Leo, JoJo, Susanne und Wolfi

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