Mit 10kg Gummibärchen im Gepäck nach Indien

Um nicht für allzu große Verwirrung zu sorgen, stelle ich mich kurz vor. Mein Name ist Teresa und ich durfte meine beste Freundin Lydia im Februar besuchen. In diesem Gastbeitrag auf Annas und Lydias Blog, berichte ich von meinen Erfahrungen, die ich auf meiner Reise durch Indien gemacht hab. Viel Spaß beim Lesen!

Wenn mich heute jemand fragt, wie es denn in Indien war, antworte ich immer mit: „Du steigst ins Flugzeug und landest in einer ganz anderen Welt!“ Ja, Deutschland und Indien könnten nicht unterschiedlicher sein. Schon im Flugzeug nach Mumbai klärte mich meine indische Sitznachbarin über die Eigenschaften Indiens auf. Indien ist so vielfältig, jeder Bundesstaat hat seine eigene Sprache, Kultur und Küche. Wie Europa in einem Land, sagte sie. In Indien brauche man nicht viel reisen, um Neues zu entdecken. Noch neugieriger auf Indien fieberte ich meiner Landung entgegen. Es war meine erste Reise nach Asien und somit auch das erste Mal Indien für mich. Eigentlich hatte ich zu diesem Zeitpunkt keine wirkliche Vorstellung, was mich erwartete. Klar hatte ich so einige klischeehafte Bilder von Indien im Kopf, aber ich war offen, mich auf das Land und die Leute einzulassen. Und das war eine sehr gute Entscheidung! 🙂

In Mumbai gelandet fand ich mich ohne Probleme am Flughafen zurecht. Auch mein Backpacker Rucksack mit meinen 10kg deutschen Süßigkeiten, die ich vor allem für die Kinder in der Grundschule mitgebracht hatte, kam an. Als ich raus an die „frische“ Luft kam der erste „Schock“. Es war warm. Sehr warm. Aber vielleicht hatte ich diesen Eindruck auch nur, da ich direkt aus dem deutschen Winter kam. Nachdem ich ungefähr 30mal gefragt wurde, ob ich ein Taxi bräuchte, fand ich meine äußerst netten Freunde (Lydia und Stefan), die mich vom Flughafen abholten. Dort bekam ich auch das erste Mal mit, dass das Handeln das A und O in Indien ist. Sonst bezahlt man nämlich viel zu viel und wird ordentlich übers Ohr gehauen. Denn durch die weiße Hautfarbe wird man sofort für einen unwissenden Touristen gehalten. Aber nicht mit uns! 😀 Meine erfahrenen Begleiter handelten einen guten Preis für das Taxi aus und wir fuhren los.

Es folgte der zweite kleine Schock. Der Straßenverkehr. Oder wie ich es nennen würde: das Straßenchaos 😀 ! Die Fahrweise der Inder läuft nämlich prinzipiell ganz nach dem Motto „Ich fahr wann und wie ich will!“. Das Überraschende dabei ist jedoch, dass trotzdem alles reibungslos klappt und man am Ende doch irgendwie sicher an sein Ziel kommt. Das ist auch so eine Sache, die ich gelernt hab: mach dir nicht zu viele Gedanken, es funktioniert alles irgendwie! Denn auch wenn es in Indien oft so scheint, als ob es keine Struktur geben würde, steckt doch ein System dahinter, das für Nicht-Inder vielleicht eher weniger zu erkennen ist.

Im Don Bosco Provincial House Mumbai angekommen, lernte ich den Rest meiner Reisegruppe (Anna und Felix) kennen, mit denen ich die nächste Woche verbringen würde und ein paar der anderen netten Volontäre. Um meinem Jetleg wenigstens ein bisschen entgegenzuwirken, ging es dann auch gleich in die Stadt. Noch nie zuvor war ich in einer so großen Stadt. Man merkt jedoch recht schnell, dass es eine Metropole mit ca. 13 Millionen Bewohnern ist. Überall sind Menschen. Viele Menschen. In Mumbai kommt es wohl nie vor, dass man alleine durch eine kleine Seitenstraße läuft oder alleine im Zugabteil sitzt. Apropos Zug. An diesem Tag fuhr ich auch das erste Mal mit einer indischen Metro. Und ja abgesehen davon, dass es keine Türen gab, es teilweise extrem überfüllt war wie die Münchner U-Bahn zur Wiesnzeit und es sogar extra Frauenabteile gab, funktionierte sie so wie eine S-Bahn in Deutschland. Zwar ohne geregelte Abfahrtszeiten, aber man musste eigentlich auch nie lange warten. Meinen ersten Tag in Indien ließen wir beim Sonnenuntergang bei der Haji Ali Dargah Moschee ausklingen.

Die Skyline der Metropole Mumbai

Eine von einigen Skylines der Metropole Mumbai

Auch wenn ich in meiner ersten Nacht in Indien nicht so viel Schlaf abbekommen habe (an dieser Stelle ein großes Dankeschön an den Jetleg, der sich in der Nacht gemeldet hat!) ging es am nächsten Tag schon gleich ereignisreich weiter. Mumbai Sightseeing stand auf dem Programm. Natürlich durften dabei die touristischen Wahrzeichen wie das Gateway of India nicht fehlen. Aber wir liefen auch einfach so durch die Straßen Mumbais und ließen den Flair der Stadt auf uns wirken. Mumbai ist laut, ruhelos und einfach nur gigantisch groß. Ich war verwundert, wie wenig wir von der Stadt gesehen hatten, obwohl wir den ganzen Tag unterwegs waren. Besonders schön war es, die Skyline von Mumbai vom Stadtstrand aus betrachten zu können. Erschöpft vom vielen Rumlaufen, hieß es aber nicht etwa Ausruhen. Nein, es ging am Abend nämlich gleich weiter für Lydia, Anna, Felix und mich. Es startete das nächste Abenteuer: Nachtzug fahren. Dazu muss man sagen, dass es womöglich am Anfang noch ein bisschen befremdlich ist, so ganz ohne Privatsphäre oder sonstigem Luxus mit so vielen fremden Menschen auf engstem Raum nicht nur einfach Zug zu fahren, sondern dort auch zu übernachten. Meine erste Nacht im Zug war okay. Das Ruckeln vom Zug, was mich in dieser Nacht noch etwas störte, empfand ich bei meiner zweiten Nachtzugfahrt schon als angenehm und beruhigend. Im Zug wie auch überall auf unserer Reise trafen wir immer auf viele nette Menschen, die sehr interessiert an unserer Reise durch Indien waren und viele Fragen stellten. Auch um Selfies wurden wir oft gebeten, denn mit unserer hellen Haut sind wir in Indien eine Rarität. Recht schnell fiel mir die freundliche, hilfsbereite und höfliche Art der Inder auf.

Das Mausoleum in Bijapur 2017

Das Mausoleum in Bijapur 2017

An meinem dritten Tag kamen wir in Bijapur an unserem ersten Stopp der Reise. Dort besichtigten wir ein Mausoleum. Als ich meiner Familie am Abend ein Foto nach Deutschland schickte, die lustige Überraschung. Mein Vater schickte mir ein Foto vom gleichen Mausoleum. Das Foto hatte er vor 26 Jahren aufgenommen, als er selbst 4 Monate durch Indien gereist ist. Was für ein Zufall?! 😀

... und das Mausoleum vor 26 Jahren (fotografiert von meinem Vater)

… und das Mausoleum vor 26 Jahren (fotografiert von meinem Vater)

Ein Ausblick auf Badami und die steineren Tempel auf dem Hügel rechts

Ein Ausblick auf Badami und die steineren Tempel auf dem Hügel rechts

Tag 4 in Indien. Wir waren noch am Abend zuvor in Badami angekommen. Und hier nahmen wir uns schon früh vor, die vielen Tempel zu besuchen. Auch wenn wir anfangs etwas herumgeirrt sind, fanden wir bald den wunderschönen Tempel, der auf einem Felsen erbaut wurde. Die Atmosphäre mit dem gut gepflegten Garten in der Morgensonne war traumhaft.

Auf dem Weg hoch zum Tempel in der Morgensonne

Auf dem Weg hoch zum Tempel in der Morgensonne

Danach bestiegen wir noch die Tempelanlage, die verlassen und ruhig zwischen den Felsen über Badami thronten. Die menschenleeren Wege standen stark im Kontrast zur überfüllten indischen Großstadt Mumbais. Wir genossen den Ausblick über Badami. Viel Zeit blieb uns jedoch nicht, denn mit unserem persönlichen Fahrer ging es noch am selben Tag nach Hampi. Nach einer ziemlich langen Fahrt (auf für deutsche Verhältnisse stark renovierungsbedürftigen Straßen 😀 ) kamen wir in Hampi an. Und man merkte sofort, dass dieser Ort viel touristischer war als beispielsweise Bijapur und Badami. Hier mischten sich viele Touristen unter die Einheimischen. Der Ort ist merklich vom Tourismus geprägt. In den vielen kleinen Straßen reihte sich ein Souvenirladen an den anderen.

Ein kleiner Einblick in die Tempel- und Ruinenanlagen von Hampi

Ein kleiner Einblick in die Tempel- und Ruinenanlagen von Hampi

So verbrachten wir den Vormittag meines fünften Tages in Indien damit, wieder eine hinduistische Tempelanlage zu besichtigen, denn um die Mittagszeit rum wurde es unerträglich heiß und trocken, sodass wir uns in einem gemütlichem Restaurant Lemonjuices gönnten. Hampi war bis 1565 die Hauptstadt des Königreiches Vijayanagar, das letzte große Hindu-Reich.

Beim Genießen der Abendsonne - gemeinsam mit den frechen Affen

Beim Genießen der Abendsonne – gemeinsam mit den frechen Affen

Die Überbleibsel davon zeigten sich in vielen Tempelbauten, die auf einem Hügel verteilt lagen. Von dort aus genossen wir mit sehr vielen anderen Touristen und frechen Affen den Blick auf eine Bananenplantage und den wunderschönen Sonnenuntergang. Beim Abendessen kündigte sich mit leichten Bauchschmerzen schon an, was mir am nächsten Tag bevorstand.

Tag 6 in Indien. Der Tag mit den für Indien obligatorischen Magenproblemen. Und dabei war ich die Tage zuvor noch so stolz auf mich gewesen, dass ich das Essen so gut vertrage, auch wenn ich natürlich nur das nicht oder wenig scharfe gegessen hatte. Ebenso konnte ich mich nur schwer, daran gewöhnen, dass man morgens, mittags und abends immer Reis oder pfannkuchenartige Fladen mit verschiedensten Soßen isst. Doch nach einer Woche in Indien machte ich mich schon mit dem Essen vertraut und hatte nach zwei Tagen des „Ich esse lieber nichts!“ wieder richtigen Appetit auf das leckere Essen. Vor allem natürlich auf das Essen der von Anna hoch gelobten Köchin im Projekt in Vilathikulam. Und ja Anna, du hast Recht! Das war tatsächlich das beste indische Essen, das ich probieren durfte. Noch am selben Tag sind wir jedenfalls wieder aufgebrochen, um von Hospet aus wieder mit dem Nachtzug weiterzufahren.

Am nächsten Morgen sind wir dann in Mysore angekommen. Tag 7 verbrachte ich also in einer wieder etwas größeren Stadt. Dort gingen wir zuerst auf einen riesigen Markt, der von frischem Obst und Gemüse bis hin zu Räucherstäbchen, Gewürzen, Blumen, Schmuck und vielem mehr alles anbot, was das Herz begehrte. Sehr zu empfehlen sind natürlich die leckeren Früchte, wie Bananen, Jackfruit und Mango, auch wenn wir von den Einheimischen gewarnt wurden dass die Mangos fürchterlich schmecken würden, denn es sei keine Saison. Trotzdem war es die beste Mango, die ich je gegessen hab! 🙂 Danach machten wir uns auf den Weg zum bekannten Palace of Mysore, der als Residenz der Maharajas des ehemaligen Fürstenstaates Mysore diente und erst im Jahr 1912 fertig gestellt wurde. Deshalb erkannte man in der Bauweise sowohl Elemente der traditionellen hinduistischen als auch der europäischen Architektur. Am Abend traten wir die letzte Nachtzugfahrt meines Indienaufenthalts an.

In Vilathikulam erwartete mich das Projekt von Lydia und Anna mit einer großen Gastfreundschaft. Bei meiner Projektbesichtigung wurden mir viele Leute vorgestellt, die ich im Laufe der Woche näher kennenlernen durfte. Es war zwar nicht immer leicht sich zu verständigen, denn wie ich kein Tamil verstand, sprachen manche kein oder wenig Englisch. Doch irgendwie konnte man sich trotzdem irgendwie verstehen. Am Nachmittag fuhren wir auf den klapprigen, jedoch noch sehr funktionstüchtigen Fahrrädern in die Grundschule für ehemalige Kinderarbeiter. Dort wurde ich ebenfalls sehr herzlich in Empfang genommen und vor allem die Kinder freuten sich eine weitere Person zum Spielen und Spaß haben gefunden zu haben. Die ganze Woche begleitete ich Lydia und Anna im Unterricht. Obwohl man sagen muss, dass diese Kinder noch Glück haben und das Privileg besitzen, zur Schule gehen zu können, schockierte mich trotzdem das Bildungssystem. Das machte mir sehr bewusst wie dankbar man sein sollte, in Deutschland immer und überall die Möglichkeit (ja sogar die Pflicht) zu haben eine gute und vor allem kostenlose Schulbildung zu genießen. Endlich konnte ich auch meine Gummibärchen loswerden, die nun schon eine Woche mit mir durch halb Indien gereist sind.

Wenn wir nicht im Projekt oder in der Grundschule waren, gingen wir in Vilathikulams vielen kleinen Läden ein bisschen shoppen und ich kaufte vor allem viele indische Snacks, die ich nach Deutschland mitnahm. Auch wenn Vilathikulam ein kleines Dorf auf dem Land ist, war ich überrascht, dass es nicht wie ein deutschen Dorf ist. Denn auch das indische „Dorf“ ist belebt, laut und es ist immer was los. Die besonderen Highlights der Woche waren natürlich die Geburtstage von Felix und Lydia. Ich erlebte die indischen Geburtstagsfeiern mit und war fasziniert, dass sich die Leute so eine große Mühe machten und für die Geburtstagskinder ein ganzes Programm mit Reden, Gesang und Tanz vorbereiteten. Schade, dass ich nicht auch in Indien Geburtstag feiern kann! 😀

An meinem vorletzten Tag in Vilathikulam machten wir einen Ausflug nach Madurai. Auf der zweistündigen Autofahrt hörten wir die Tamil-typische Musik, die immer und überall durch die Straßen tönt. Manchmal wird die Musik auch schon um 6 Uhr morgens aufgedreht und man wird von der mitreißenden Musik geweckt. 😀 In Madurai besuchten wir neben einer Markthalle und einer Ausstellung über Ghandi, die große Tempelanlagedes Minakshi-Tempels.

Die Zeit im Projekt verging schnell und so musste ich am Abend des nächsten Tages auch schon Abschied nehmen, der mir sehr schwer fiel. Die Freundlichkeit der Menschen ließ zu, dass man sich dort schnell wohl und willkommen fühlte. Eben ein bisschen wie zu Hause. 🙂

In Mamallapuram am Meer

In Mamallapuram am Meer

Nach einer überraschend bequemen Nachtbusfahrt verbrachte ich meinen letzten Tag in Indien mit Lydia in Mamallapuram, einem gemütlichen Küstenort. Es war der perfekte letzte Tag, an dem wir durch die kleinen Gässchen steiften, von einem Leuchtturm einen fantastischen Ausblick über die Umgebung und das Meer hatten und einfach am Strand die Sonne genossen. Ja ich habe es an meinem letzten Tag sogar noch geschafft, meinen ersten Sonnenbrand zu bekommen. Am Tag meiner Abreise sind wir extra früh aufgestanden, damit ich noch erleben konnte, wie die Sonne über dem indischen Ozean aufgeht.

Und so endeten meine 16 Tage in Indien. Zusammenfassend würde ich sagen, dass Indien unglaublich faszinierend ist, wenn man sich auf das Land und die Leute einlässt. Man darf natürlich nicht vergessen, dass Indien auch seine Schattenseiten hat, wie zum Beispiel, dass viele Menschen in Armut leben müssen. Trotzdem hält es die Leute nicht davon ab, ihre positive Lebenseinstellung und gute Laune zu verlieren. Für mich ist Indien auf jeden Fall eine Reise wert, denn es ist wirklich ein kleines Abenteuer in eine andere Welt, die ich jederzeit gerne wieder antreten würde.

Eure Teresa

Danke an alle die dafür gesorgt haben, dass ich in Indien überlebet habe! 😀