Sabbay, sabbay in Ratanakiri

Frohes Neues! Happy Easter, whatever!

Palmsonntag. Ich wache auf, es ist ca. 5.30 am Morgen, der Holzboden ist auch mit Bambusmatratze nicht ganz kuschelig, von unten schallt Alltagsgespraech auf Khmer ganz nah an mein Ohr heran. Immer wieder tritt jemand in den Raum und bemerkt, wie lange die „Auslaenderin“ doch naechtige. Mit Schlaf in den Augen mache ich mich auf, starte in den Tag. Nur die Tuer offnen und schon wurde ich von der Schoenheit des kambodschanischen Landlebens umrundet. Weite Felder, der Geruch der Kueste und blitzeblauer Himmel. Den Anweisungen meiner Schueler folgend, umhuellte ich mich mit einem Sarong, ein gemusterter langer Rock fuer Frauen, und es ging auf zum Wasserkuebel. Sauber und wohlriechend fuehlte ich mich nicht mehr so nachtgetraenkt und konnte sogar ohne Kaffee mein Leben fortsetzen. Zum Mittagessen gab es frisch geschlachtete Ente, die meine Maedels gekonnt auseinandergerupft hatten. Auf die Innereien freuten sich bereits der Ente Verwandte. Rathana, Sreyleak und Boromey* sassen nah am Brunnen, saeuberten das Fleisch, schnatterten miteinander und waren natuerlich mit langen Klamotten, Socken und einem dicken Wollhut versorgt, um nicht „black“ zu werden und ihre Haut zu „schuetzen“. Ich machte es mir in der Haengematte gemuetlich und betrachtete das bunte Treiben auf dem Hof. Zu vielen Haeusern rundherum, kann man nur ueber Trampelpfade gelangen. Die Grundstuecke sind von Palmen umzaeunt und Wasserbueffeln umstreunt. Es ist wunderschoen ruhig, das Leben ist einfach. Entlang der Wege sind immer wieder stolze Haeuser auf Stelzen zu sehen, doch auch Siedlungen voller Wellblechhuetten.

An diesem Wochenende wurden bereits viele Vorbereitungen fuer das anstehende kambodschanische Neujahrsfest betrieben. Bei zwei anderen Maedels daheim besuchten wir die Pagode, wo getanzt und gespielt wurde. Hier kam das typische kambodschanische Krama, ein kariertes Tuch, vielfaeltig zum Einsatz.  Luftballons zertreten, Toepfe mit verbundenen Augen zerschlagen, Kreisspiele oder einfach nur tanzen – mehr brauchten wir nicht, um mit viel sabbay, sabbay glueckliche Abende zu geniessen!

In der letzten Schulwoche liefen ebenfalls bei Don Bosco diese Vorbereitungen, fuer das finale Programm vor der grossen Heimreise der Schueler. Es wurden riesige Toepfe mit Khmer-Curry zubereitet, Brot geschnitten, Jackfruechte und Ananas geerntet und ebenfalls jeden Abend gespielt. Das praegendste Spiel war wohl eines mit dem kreativen Einsatz einer Aubergine, die sich die Jungs an einem Faden um die Hueften gurten sollten, um damit Baelle von A nach B zu rollen. Zur besseren Vorstellung folgen einige Bilder.

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Zum Ende des Programms wurde es dann erstaunlich emotional, da jeder Schueler einzeln zu jedem Lehrer „Danke“ sagte. Natuerlich mit den Haenden ueber der Nasenspitze und einem Schluck Wasser im Gesicht. Auch Don Bosco bekam einige Spritzer ab, dann begann die Wassserschlacht auf dem Schulhof, „leyn tk“, mit Wasser spielen, wie die Khmer so schoen sagen. Am Wochenende zuvor gab es eine gewaltige Putzaktion im Arend de Ru. So wurden die Zimmer der Maedels quasi unter Wasser gesetzt und ganz ungeplant entstand eine bombastische Wasserschlacht. Wir tauften sie „die tausendfache Dusche“. In diesen Tagen gab es im Sueden Kambodschas gewaltige Regenschauer, so dass die letzten Naechte vor den Ferien ruhig und voller Schlaf wurden. Tagsueber wurden die Maedels doch immer aufgeregter, endlich nach Hause, die Eltern und Geschwister sehen, in die Pagode gehen. So haben viele Familien ihre kleine Party mit Lautsprechern, die ein ganzes Dorf zum Beben bringen koennen. Auf der Strasse ist keiner vor Wasserpistolen oder weissem Pulver im Gesicht sicher. Diese Zeit wird von den Kambodschanern ueberschrieben mit: „Sabbay sabbay“ – „Gluecklich, gluecklich!“

Mit gepackten Koffern ging es dann zum erwaehnten Wochenende in die naechste Provinz zum Schueler besuchen. Der Van war etwas ueberladen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich noch, dass so 18 statt 9 Leute in diesem Kleinbus viel waeren. Dieser Eindruck sollte sich in den naechsten Tagen gewaltig aendern. Zurueck aus Kampot ging es mit einer anderen Volontaerin schlussendlich auch fuer uns in die Ferien, auf nach Ratanakiri, in die nordoestlichste Privinz des Landes. Ueber Phnom Penh, einmal umsteigen und auf in die Pampa. In Ratanakiri gibt es eine groessere Stadt, die sich eher als grosses Dorf herausstellte. Unsere Reise dauerte ca. 16h, die von kambodschanischer Gemuetlichkeit, kotzendem Baby und wunderschoen menschenleeren Landschaften bereichert wurde.  Dass wir zu unserem zweiten Bus fast 2h zu spaet kamen, stoerte keinen, weil er noch nicht mal angerollt war. Zu spaeter Stunde und muede wollten wir nur noch in ein Bett kriechen. Das Hostel war etwas schwierig zu finden. Durch einen ortskundigen, doch auch leicht feuchtfroehlichen Motofahrer fanden wir unser Gemach eher mit Google Maps als seiner Hilfe. konnten aber die „Morden Laundry“ und ein Restaurant mit „Westren Food“ ausfindig machen. Nach einigen verzwickten Strassenverlaeufen und neuen Suchanfragen fragte er wie aus dem Nichts: „Happy?“ und wir brachen in schallendes Gelaechter aus, wuenschten ihm ein frohes, neues Jahr und versprachen, ihn am naechsten Morgen zum Fruehstueck einzuladen.

Rund um Banlung gab es einige Wasserfaelle und einen Vulkansee zu erkunden, viel zu entspannen und delizioeses Essen.

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Schlussendlich zog es uns fuer eine Nacht in das Dickicht des Dschungels, umgeben von Strauch- und Baumschichten, Bananenstauden, Gibbonrufen und wundervoller Stille. Unser Guide fuehrte uns zu einem einsamen und krokodillosen See, an dem wir uns mit viel Mut wie Tarzan in die Fluten stuerzten, von Baumstuempfen in das badewannenwarme Wasser huepften und dann die Haengematten in den Baumkronen befestigten. Einschlafen mit den Geraeuschen der „guten“ Schlange und gluecklicherweise tief in Erdloechern vergrabenen Spinnen, das hatte schon seinen Reiz. Bananenblaetter statt Teller und was nicht fehlen durfte: 4 Personen, 16 Glaeser Reiswein. Geht diese Rechnung auf? Naja, nach laengerer Alkoholabstinenz folgte die Wanderung am naechsten Tag mit einigem Bauchgrummeln. Wir hatten die Ehre, Minderheitendoerfer zu besuchen, die abseits der lebhaften Stadt ihren Alltag meistern. Die Einwohner sind laengst an das moderne Leben angeschlossen, halten jedoch auch viel an Traditionen fest. So leben drei bis vier Familien in einem Holzhaus auf Stelzen, es gibt kleine Bambushaeuser fuer Frisch Verheiratete, Alte oder Schwangere. Viele Doerfer haben noch keine durchgaengige Elektrizitaet, der Grossteil der Menschen lebt von der Landwirtschaft. Wir zogen durch Cashewplantagen, ueber Maniokfelder und vorbei an Frauen im typischen Sarong. Die Erwachsenen liegen gemuetlich in der Haengematte oder streifen mit einer Pfeife im Mund durchs Dorf. Natuerlich wurden wir eingeladen, zu einem Fest zu bleiben, doch es lag noch der Friedhof der indigenen Bevoelkerung vor uns. Mitten im Dschungel fanden wir eine Siedlung von kleinen Haeuschen vor, die sich als Graeber herausstellten. Fuer den Dorfarzt, den Boss, den Polizisten oder auch Babies gibt es verschiedene Muster und Verzierungen an diesen „Bungalows“. In diesen Haeusern liegen die Holzsaerge unter der Erde, welche mit einem Seil zum Dach des Hauses verbunden sind, um die Seele des Toten auferstehen zu lassen. Als Grabgeschenke gibt die Familie dem Toten alle Dinge, die er liebte. So standen Ventilatoren, Fernseher und Cremes an diesem geheimnisvollen Ort, doch auch Buendel an Geldscheinen (nicht ganz echt), um der reichen Dame, die fuer die Dorfbewohner als „Bank“ fungierte, zu wuerdigen. Dieser Ort hat uns sehr beeindruckt, auch wenn viele Gebraeuche schwer zu verstehen waren.

Den Abschluss bildete eine ausgedehnte Mototour durch Felder und Waelder der Provinz. Rote, staubige Strassen, romantische Sonnenuntergaenge und die Partystimmung der Khmer wird mir hoffentlich fuer eine lange Zeit in Erinnerung bleiben. Wir wurden also fuer einige Tage von einem ganz anderen Kambodscha umgeben und genossen a piece of Alltagsbefreitheit.

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Der Rueckweg in den Sueden gestaltete sich laenger als gedacht. So konnten wir jedoch die Packkuenste der Leute umso besser beobachten. Vans trugen ganze Wohnzimmermoebel, Leute auf dem Dach, ein Moto mit Fahrer im Kofferraum, ueber 25 Leute in einem Kleinbus und viel zu wenig Luft zum atmen.

So, wie viele von euch an mich dachten und mir liebe Ostergruesse zukommen lassen haben, habe auch ich euch nicht vergessen und wie mir meine werte Frau Mama mit auf den Weg gegeben hat, Ostern nicht ganz uebergangen. Falls ihr in der eisigen Kaelte ein paar Sonnenstrahlen fuer die Fruehblueher benoetigt, ich schick euch welche, mit ein paar Mangos obenauf.

Nachtraeglich, doch aus tiefstem Herzen: Frohe Ostern und ein gesegnetes Laecheln auf den Lippen: der Sommer kommt auch nach Deutschland, irgendwann.

 

Quietschvergnuegt,

eure Jule!

 

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1 Kommentar

  1. Auf den Dschungel bin ich ja schon etwas neidisch! Aber einen Ausflug mache ich am nĂ€chsten WE dafĂŒr auch, in die Industriestadt Lanzhou. Yippieh! 😀

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